Mittelschwaebische Nachrichten
Meister in der Welt der Spielpläne und Schlüsselzahlen
Gottfried Rathgeber ist bayernweit für den reibungslosen Spielbetrieb zuständig. Das hält ihn jung. Die vielen Stunden Arbeit gehen aber auch zu Lasten der Familie
Landkreis Früher ist Gottfried Rathgeber selbst mit dem Handball übers Feld gelaufen. Doch das ist lange her. Seit knapp 40 Jahren ist seine Beziehung zum Handball eine ganz andere, eine, die er zumeist im Sitzen ausübt. Als Verbandsjugendspielwart ist er tätig. Ah, Jugend! Dann hat er wohl viel mit Jugendlichen zu tun? Naja, die Beschreibung trifft nur bedingt zu. Aber was macht ein Verbandsjugendspielwart denn dann in den jährlich knapp 1000 Stunden Arbeit, die er dem Handball opfert?
Spielpläne ist das Stichwort. Irgendwer muss schließlich dafür sorgen, dass nicht plötzlich vier Teams zur selben Zeit auf dem Feld stehen und dann losen müssen, wer zuerst dran ist. Mittels durchdachter Planung organisiert der in Günzburg lebende Rathgeber deshalb den Spielbetrieb oberhalb der Bezirksebene; er ist zudem für die Qualifi- kationsrunden zur Bundesliga, Bayernliga und Landesliga zuständig.
Zu Anfangszeiten des Computers war das alles noch sehr zeitaufwendig. Es gab eine Diskette für jede Mannschaft. Teils vierstündige Terminlistenbesprechungen waren nach dem Erstellen von Rahmenspielplänen nötig, um auf einen Nenner mit den Abteilungsleitern zu kommen. Heute gehören diese Besprechungen dank moderner Technik der Vergangenheit an. Mithilfe sogenannter Schlüsselzahlen werden Rasterspielpläne angefertigt. Dann können die Vereine im Internet sehen, wann es Heimspiele gibt und sich daraufhin melden, wenn ihre Halle tatsächlich frei ist.
Auch den Ergebnisdienst im ehemaligen Spielkreis Donau, den Rathgeber später übernahm, gibt es so nicht mehr. Seit gut zwei Jahren müssen die Trainer nach Spielende die Ergebnisse per SMS melden.
Die Technik nimmt dem Herrn der bayerischen Jugend-Spielpläne viel Arbeit ab, aber auch er selbst hat im Lauf der Zeit „gelernt, dass ich was abgebe“. Das wurde auch bitter nötig. Einerseits weil der 65-Jährige seine Rente und die Zeit mit seinen Enkelkindern auch genießen möchte, andererseits, weil die Beziehung zu seiner Frau an der sehr zeitaufwendigen Aufgabe fast zerbrach. Seine Partnerin hatte ihm einmal bereits die Koffer vor die Tür gestellt, weil er so selten zu Hause war. Doch die beiden rauften sich zusammen. Rathgeber nahm sich ein wenig zurück und band seine Frau in die Arbeit ein. So konnten sie sich gut arrangieren.
Kontakt zu den Spielern habe er durch seine Tätigkeit nicht, sagt er, eher zu den Mitarbeitern in den Verbänden. Doch mit der Jugend kommt er trotzdem in Berührung – über den Jugendspielausschuss und die Jugendschiedsrichter des Bezirks. Die Unparteiischen betreut er, weil er sich früher schon aufgeregt hat, wenn diese „heulend aus der Halle sind, weil Zuschauer und Trainer sie fertiggemacht haben“. Ein ausschlaggebendes Erlebnis, das ihn und zwei weitere Männer veranlasste, die Betreuung ins Leben zu rufen, war eine Szene bei einem Handballspiel in Nersingen. Ein Trainer ging etwas unsanft mit zwei jungen Schiedsrichterinnen um. Rathgeber bemerkte, wie das den Mädchen zusetzte und sprach ihnen deshalb nach dem Spiel Mut zu. Durch die inzwischen umfassende Betreuung konnte der Abgang junger Schiedsrichter deutlich vermindert werden, berichtet er.
Stressig sei der Job insgesamt schon manchmal, berichtet Rathgeber. Besonders in der Qualifikations-Phase gebe es „etliche Nachtschichten“. Bis jetzt fühlt er sich mit seiner Tätigkeit jedoch wohl. „So lange es Spaß macht und die Gesundheit noch mitmacht“, möchte er am Ball bleiben und seine umfassenden Aufgaben im Dienste der Handballspieler wahrnehmen.