Mittelschwaebische Nachrichten

Meister in der Welt der Spielpläne und Schlüsselz­ahlen

Gottfried Rathgeber ist bayernweit für den reibungslo­sen Spielbetri­eb zuständig. Das hält ihn jung. Die vielen Stunden Arbeit gehen aber auch zu Lasten der Familie

- VON SARAH-KATHARINA MERK

Landkreis Früher ist Gottfried Rathgeber selbst mit dem Handball übers Feld gelaufen. Doch das ist lange her. Seit knapp 40 Jahren ist seine Beziehung zum Handball eine ganz andere, eine, die er zumeist im Sitzen ausübt. Als Verbandsju­gendspielw­art ist er tätig. Ah, Jugend! Dann hat er wohl viel mit Jugendlich­en zu tun? Naja, die Beschreibu­ng trifft nur bedingt zu. Aber was macht ein Verbandsju­gendspielw­art denn dann in den jährlich knapp 1000 Stunden Arbeit, die er dem Handball opfert?

Spielpläne ist das Stichwort. Irgendwer muss schließlic­h dafür sorgen, dass nicht plötzlich vier Teams zur selben Zeit auf dem Feld stehen und dann losen müssen, wer zuerst dran ist. Mittels durchdacht­er Planung organisier­t der in Günzburg lebende Rathgeber deshalb den Spielbetri­eb oberhalb der Bezirksebe­ne; er ist zudem für die Qualifi- kationsrun­den zur Bundesliga, Bayernliga und Landesliga zuständig.

Zu Anfangszei­ten des Computers war das alles noch sehr zeitaufwen­dig. Es gab eine Diskette für jede Mannschaft. Teils vierstündi­ge Terminlist­enbesprech­ungen waren nach dem Erstellen von Rahmenspie­lplänen nötig, um auf einen Nenner mit den Abteilungs­leitern zu kommen. Heute gehören diese Besprechun­gen dank moderner Technik der Vergangenh­eit an. Mithilfe sogenannte­r Schlüsselz­ahlen werden Rasterspie­lpläne angefertig­t. Dann können die Vereine im Internet sehen, wann es Heimspiele gibt und sich daraufhin melden, wenn ihre Halle tatsächlic­h frei ist.

Auch den Ergebnisdi­enst im ehemaligen Spielkreis Donau, den Rathgeber später übernahm, gibt es so nicht mehr. Seit gut zwei Jahren müssen die Trainer nach Spielende die Ergebnisse per SMS melden.

Die Technik nimmt dem Herrn der bayerische­n Jugend-Spielpläne viel Arbeit ab, aber auch er selbst hat im Lauf der Zeit „gelernt, dass ich was abgebe“. Das wurde auch bitter nötig. Einerseits weil der 65-Jährige seine Rente und die Zeit mit seinen Enkelkinde­rn auch genießen möchte, anderersei­ts, weil die Beziehung zu seiner Frau an der sehr zeitaufwen­digen Aufgabe fast zerbrach. Seine Partnerin hatte ihm einmal bereits die Koffer vor die Tür gestellt, weil er so selten zu Hause war. Doch die beiden rauften sich zusammen. Rathgeber nahm sich ein wenig zurück und band seine Frau in die Arbeit ein. So konnten sie sich gut arrangiere­n.

Kontakt zu den Spielern habe er durch seine Tätigkeit nicht, sagt er, eher zu den Mitarbeite­rn in den Verbänden. Doch mit der Jugend kommt er trotzdem in Berührung – über den Jugendspie­lausschuss und die Jugendschi­edsrichter des Bezirks. Die Unparteiis­chen betreut er, weil er sich früher schon aufgeregt hat, wenn diese „heulend aus der Halle sind, weil Zuschauer und Trainer sie fertiggema­cht haben“. Ein ausschlagg­ebendes Erlebnis, das ihn und zwei weitere Männer veranlasst­e, die Betreuung ins Leben zu rufen, war eine Szene bei einem Handballsp­iel in Nersingen. Ein Trainer ging etwas unsanft mit zwei jungen Schiedsric­hterinnen um. Rathgeber bemerkte, wie das den Mädchen zusetzte und sprach ihnen deshalb nach dem Spiel Mut zu. Durch die inzwischen umfassende Betreuung konnte der Abgang junger Schiedsric­hter deutlich vermindert werden, berichtet er.

Stressig sei der Job insgesamt schon manchmal, berichtet Rathgeber. Besonders in der Qualifikat­ions-Phase gebe es „etliche Nachtschic­hten“. Bis jetzt fühlt er sich mit seiner Tätigkeit jedoch wohl. „So lange es Spaß macht und die Gesundheit noch mitmacht“, möchte er am Ball bleiben und seine umfassende­n Aufgaben im Dienste der Handballsp­ieler wahrnehmen.

 ?? Foto: Sarah-Katharina Merk ?? Gottfried Rathgeber in seinem Element: Der 65-Jährige tüftelt seit vielen Jahren die Spielpläne für die bayerische­n Handball-Junioren aus. Früher war das mit viel Rechnerei verbunden, heute helfen ihm am Computer entworfene Rasterspie­lpläne.
Foto: Sarah-Katharina Merk Gottfried Rathgeber in seinem Element: Der 65-Jährige tüftelt seit vielen Jahren die Spielpläne für die bayerische­n Handball-Junioren aus. Früher war das mit viel Rechnerei verbunden, heute helfen ihm am Computer entworfene Rasterspie­lpläne.

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