Mittelschwaebische Nachrichten
Auf den Punkt gebracht
Zum Leitartikel „Ein Burka-Verbot signalisiert: Es gelten die Regeln dieses Landes“von Walter Roller vom 23. August: Walter Roller hat in einem Satz das Problem der Vollverschleierung muslimischer Frauen auf den Punkt gebracht: „Wer sein Gesicht verhüllt, will nicht dazugehören.“Mit der Verhüllung des Gesichts scheint ein Prinzip infrage gestellt, das den in westlichen Staaten üblichen Standard des individuellen und institutionellen Umgangs der Bürger miteinander grundlegend berührt. Die Offenheit des Gesichtes sorgt dafür, dass wir den anderen erkennen, als anderen wahrnehmen, als individuellen und unterscheidbaren anderen. Das Du im Gegenüber meint immer auch das unverhüllte Gesicht. Deshalb steht hier ein europäisches Grundprinzip auf dem Spiel, nämlich die Transparenz und Präsenz des Einzelnen als sichtbares und erkennbares Individuum in Beziehung zu den anderen Menschen. Dieses Verhältnis ist für das europäische Selbstverständnis von Mensch und Menschlichkeit, von Staat und Gesellschaft fundamental. Die Verhüllung des Gesichts stellt all das infrage. Die Verhüllung des Gesichts ist der europäischen Kultur grundsätzlich fremd. Sie geht in allen Bereichen von seiner Sichtbarkeit aus. Das westliche Selbstverständnis hat im Individuum, für das emblematisch das offene Gesicht steht, seinen stärksten Ausdruck gefunden. Es kann als Signatur des Ideals einer transparenten Demokratie gelten, für die ein hohes Maß an Offenheit wesentlich ist. Auch dafür steht das unverhüllte Gesicht. Werner Seizmair, Aichach