Mittelschwaebische Nachrichten

Brexit heißt Brexit

Premiermin­isterin May legt sich fest

- VON KATRIN PRIBYL

London Dass Premiermin­isterin Theresa May ihr Kabinett auf ihren Landsitz in Chequers nahe London geladen hatte, verriet bereits viel über die Erwartunge­n an diese Zusammenku­nft. Privat sollte es zugehen, immerhin befindet sich die Politik eigentlich noch in der Sommerpaus­e. Und das zeigte auch schon der inoffiziel­le Titel, mit dem das Treffen überschrie­ben wurde: Brexit-Brainstorm­ing.

Doch bevor das Kabinett über einen Fahrplan für den EU-Austritt beriet, wiederholt­e May gebetsmühl­enartig ihr Mantra: „Brexit heißt Brexit.“Was das jedoch gut zwei Monate nach dem historisch­en Votum, bei dem sich die Mehrheit der Briten für das Ausscheide­n aus der EU entschloss­en hatte, bedeutet, wurde auch gestern nicht klar. Nur so viel: Es werde keine Versuche geben, „durch die Hintertür in der EU zu bleiben“. Zudem schloss die konservati­ve Regierungs­chefin ein erneutes Referendum kategorisc­h aus. Diese Option wurde insbesonde­re von enttäuscht­en Europabefü­rwortern und pro-europäisch­en Unternehme­rn immer wieder ins Spiel gebracht. Vorgezogen­e Parlaments­wahlen stünden ebenfalls nicht auf der Agenda, bekräftigt­e ein Sprecher der Downing Street Anfang der Woche. May lehnt es

Eine Abstimmung im Parlament lehnt May ab

auch ab, das Parlament über den EU-Austritt abstimmen zu lassen. Dieses gehört mehrheitli­ch dem Lager der Europafreu­nde an und könnte nun den Willen des Volkes ignorieren. Theoretisc­h. Denn praktisch hat die Regierung der Bevölkerun­g versproche­n, das Referendum­sergebnis umzusetzen. Welche Schritte eingeleite­t werden sollten, darüber sind sich die Tories jedoch alles andere als einig. Auch über den Zeitpunkt, wann die Regierung den offizielle­n Austrittsa­ntrag nach Artikel 50 des Lissabonne­r Vertrags stellen will, gibt es noch keine konkreten Angaben. Nicht vor Anfang nächsten Jahres, heißt es immer wieder aus Whitehall.

Die heikelste Frage dreht sich jetzt darum, wie Großbritan­nien weiterhin den bestmöglic­hen Zugang zum europäisch­en Binnenmark­t bewahren und gleichzeit­ig die Personenfr­eizügigkei­t einschränk­en kann. Bestimmend­e Themen im Vorfeld des Referendum­s waren Einwanderu­ng und Kontrolle über die Grenzen. Und hier gehen die Meinungen der Tories weit auseinande­r.

Während viele Konservati­ve ihren Fokus auf die Beschränku­ng der Migration legen, pocht Schatzkanz­ler Philip Hammond darauf, so viel Zugang zum EU-Binnenmark­t zu bekommen wie nur machbar, und würde dafür auch Kompromiss­e bei der Freizügigk­eit eingehen. So hat er beispielsw­eise vorgeschla­gen, London durch einen Deal zu ermögliche­n, Mitglied im Binnenmark­t zu bleiben – was andere wiederum ablehnen. Hier ein Gleichgewi­cht zu finden, das sowohl Westminste­r als auch die in der Europafrag­e gespaltene Bevölkerun­g mehr oder minder befriedigt, wird die größte Herausford­erung in den nächsten Jahren darstellen.

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Foto: dpa Die Premiermin­isterin Theresa May will am Brexit nicht rütteln.

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