Mittelschwaebische Nachrichten
Russen ignorieren UN-Giftgasreport
Moskau weist Forderungen nach Sanktionen gegen Assad-Regime zurück
New York Russland hat seinen Verbündeten Syrien im UN-Sicherheitsrat gegen den Vorwurf des Chemiewaffen-Einsatzes in Schutz genommen und Forderungen des Westens nach Sanktionen eine Absage erteilt. Der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin verweigerte dem Bericht einer UN-Kommission, der den Einsatz der international geächteten Waffen durch die syrischen Regierungstruppen als erwiesen ansieht, am Dienstag die Anerkennung. Großbritannien und Frankreich hatten zuvor Strafmaßnahmen gegen Damaskus verlangt.
„In dem Bericht wird niemand genannt, gegen den Sanktionen verhängt werden könnten“, sagte Tschurkin. „Er enthält keine Namen, keine Details, keine Fingerabdrücke.“Zwar sei es „höchst wahrscheinlich“, dass das Giftgas Chlorin eingesetzt worden sei, sagte der Diplomat. Nach russischer Lesart sei aber keineswegs geklärt, wer dafür verantwortlich war. „Es gibt eine Reihe offener Fragen, die geklärt werden müssen, bevor wir alle Schlussfolgerungen des Berichts akzeptieren können“, sagte Tschurkin. Die UN-Botschafter Matthew Rycroft aus Großbritannien und François Delattre aus Frankreich warfen der syrischen Führung unter Präsident Baschar al-Assad „Kriegsverbrechen“vor. Auch die USA verlangten eine rasche Reaktion des Sicherheitsrats. Die Verantwortlichen müssten „den Preis zahlen“für ihre Verbrechen, sagte UNBotschafterin Samantha Power.
Eine UN-Untersuchungskommission hatte in der vergangenen Woche ihre Befunde zum Einsatz chemischer Waffen veröffentlicht. Die UN-Experten sehen es laut dem Bericht als erwiesen an, dass Assads Truppen am 21. April 2014 und am 16. März 2015 in zwei Dörfern in der nordwestlichen Provinz Idlib Giftgas einsetzten. In einem Fall deute alles auf Chlorgas hin. Die giftigen Substanzen seien aus Hubschraubern der syrischen Luftwaffe auf die Dörfer abgeworfen worden. Unter massivem internationalen Druck war Syrien 2013 der Chemiewaffenkonvention beigetreten. Assad hatte sich verpflichtet, sämtliche Chemiewaffen zu zerstören.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisierte das russische Vorgehen scharf. Moskau behindere den Sicherheitsrat und blockiere die Weitergabe des Falles an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, kritisierte der UN-Experte der Organisation, Louis Charbonneau. (afp)