Mittelschwaebische Nachrichten
Deutsche Bank und Commerzbank tasten sich ab
Nach Berichten haben beide Häuser die Chancen einer Fusion ausgelotet. Noch winken die Vorstandschefs der Konzerne ab
Frankfurt am Main Zinstief und Digitalisierung zwingen die Finanzbranche nach Einschätzung von Deutscher Bank und Commerzbank zu weiteren Fusionen. Gerade im hart umkämpften deutschen Markt gebe es zu viele Institute, sagten die Chefs der beiden Dax-Konzerne, John Cryan und Martin Zielke, am Mittwoch bei einer Bankentagung in Frankfurt. Die beiden größten deutschen Häuser wollen sich jedoch noch nicht zusammentun. Medienberichten zufolge hatten sie dies aber jüngst zumindest geprüft.
So schreiben sowohl das Manager Magazin, als auch das Magazin Bilanz, dass es in den vergangenen Wochen Gespräche zwischen Cryan und Zielke über die Optionen eines möglichen Zusammenschlusses gegeben habe. Ende August haben die beiden Vorstandschefs nach Informationen von Bilanz jedoch beschlossen, eine Denkpause einzulegen. Beiden sei klar, dass eine Integration von Deutscher Bank und Commerzbank einen gewaltigen Kraftakt bedeute.
„Bei einer straff vollzogenen Integration – von einer Optimierung des Filialnetzes bis zur Zusammenlegung von Zentralfunktionen – würde die Transaktion aber auch schnell ihren ganzen Charme entfalten“, hieß es vielsagend in dem Bilanz-Bericht ohne Nennung von Quellen. Deshalb gelte es als wahrscheinlich, dass die beiden Bankenchefs die Gespräche spätestens Ende des Jahres wieder aufnähmen.
Cryan selbst ging auf die möglichen Gespräche nicht ein, stellte jedoch klar, dass ein Zusammengehen mit der Commerzbank derzeit nicht auf der Agenda stehe. Auf die Frage, ob die Deutsche Bank nach Partnern im deutschen Markt suche, antwor- tete der Brite knapp: „Nein.“Er strebe vielmehr an, die Deutsche Bank kleiner und einfacher zu machen. Das Geldinstitut konzentriere sich auf diese Strategie und habe bei seinem Umbau noch eine Menge Arbeit vor sich. Geplant ist unter anderem der Verkauf der Bonner Tochter Postbank.
An der Börse sorgten die Berichte für steigende Kurse bei den Titeln der beiden im Dax notierten Aktien – sie legten zuletzt jeweils um mehr als drei Prozent zu und waren damit am Mittwoch die größten Gewinner im deutschen Leitindex. Die Papiere waren in den vergangenen Wochen wegen der vielen Probleme der Branche und der beiden Häuser auf Rekord-Tiefstände gefallen.
Seit Jahresbeginn sind die Commerzbankund Deutsche-BankAnteile mit einem Minus von rund 34 beziehungsweise 40 Prozent die größten Dax-Verlierer.
Einen Ausweg aus der Branchenkrise sieht Cryan unter anderem in möglichen Fusionen. „Wir brauchen weitere Zusammenschlüsse auf nationaler Ebene, aber eben auch über die Landesgrenzen hinweg“, forderte Cryan. „Nur dann können wir auf Dauer wirtschaftlich arbeiten. Und nur dann können wir international mithalten.“Gerade in Deutschland gebe es „schlicht zu viele Banken“. Denn höhere Gebühren seien schwer durchsetzbar; das andauernde Zinstief drücke zusätzlich auf die Erträge.
Zielke, der die Commerzbank seit Mai führt, konzentriert sich auf das Ausarbeiten einer neuen Strategie für den teilverstaatlichten Konzern. „Wir waren lange Jahre hochprofitabel, wir konnten genug Gewinn abschöpfen, Boni ausschütten und relativ bequem leben. Doch diese paradiesischen Zustände sind vorbei, ich würde sogar sagen, sie sind ein- und für allemal vorbei“, befand der Commerzbank-Chef. „Der Umbruch, der im Moment stattfindet, ist brutal, schnell und radikal. Banken sind gezwungen, jeden Stein anzufassen, umzudrehen, neu einzusortieren und ab und an auch gänzlich auszusortieren.“
Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon warnte die Branche davor, sich zu weit von den Kunden vor Ort zu entfernen: „Ich halte neuerliche Forderungen nach einer grundlegenden Konsolidierungswelle unter den Kreditinstituten für nicht sachgerecht.“Der Verwaltungsratschef der Credit Suisse, Urs Rohner, rechnet nicht mit dem Zusammengehen zweier Großbanken. „Ich glaube, das ist ein Ding der Unmöglichkeit.“(dpa)