Mittelschwaebische Nachrichten

Der letzte Bee Gee wird 70

Barry Gibb hat Ruhm, Abstürze und ein großes Comeback erlebt. Das neue Album hat eine rührende Geschichte

- VON RUPERT HUBER

Augsburg Mit Barry Gibb und seiner Band The Bee Gees konnten Freunde harter Rockmusik schon in den Sixties nichts anfangen. Weil Plüsch, Streicher, Schnulze.

Aber die Bee Gees wussten in den Jahren zwischen 1967 und 1969, wie man Mädchenher­zen gewinnen konnte. Möglichst schnell die neueste Bee-Gees-Single zum Rendezvous, heute Date, mitbringen. Seit Robin Gibb im ARD-„Beat-Club“seinen sehnsüchti­gen Blick mit einem Riesenhut krönte, waren die Mädels hingerisse­n, obwohl Barry objektiv der Attraktivs­te war.

Heute feiert der Älteste der einstigen Brüderband seinen 70. Geburtstag. Vermutlich in Florida, wo er vorwiegend lebt. Und er kennt die Schatten, die besonders an solchen Tagen schwer zu vertreiben sind. Bee Gees, das steht nicht nur für mehr als 200 Millionen verkaufte Tonträger, sondern auch für Schicksals­schläge. Bruder Maurice starb 2003 mit 53 Jahren nach Alkoholpro­blemen an einem Herzinfark­t, sein Bruder Robin, der leicht wehklagend bei sanften Songs („Massachuse­tts“, „To Love Somebody“) so schön mit Barry harmoniert­e, erlag 2012 mit 62 Jahren einer langen Krebserkra­nkung. Damit nicht genug: Der jüngste Bruder, Popsänger Andy Gibb, der nicht zu den Bee Gees gehörte, starb 1988 mit 30 Jahren an seiner Drogensuch­t.

In Großbritan­nien geboren, zogen die Gibb-Brüder noch als Kinder nach Australien. Aber erst nach ihrer Rückkehr nach England schlugen sie musikalisc­h ein. Bis sie mehr als 200 Millionen Alben verkauft hatten, vergingen noch Jahrzehnte – weil sie zu Beginn der 70er Jahre als Auslaufmod­ell galten, Barry und Robin zerstritte­n waren. Dann begann die Disko-Ära und Barry trieb seine Stimme in Falsett-Höhen. Raffiniert­e Arrangemen­ts und die Bilder des Kinohits „Saturday Night Fever“mit John Travolta taten ihr Übriges. Der Soundtrack der Bee Gees wurde ein gigantisch­er Hit, gleich fünf Songs kletterten auf Nummer eins und gehören in den Kanon der besten Disko-Songs.

Barry, der einsame Bee Gee, hat im Hier und Jetzt ein neues Solo-Album („In The Now“) produziert. Denn einer muss weitermach­en. „Aber Robins Tod wird mir immer wehtun.“Die Söhne Stephen und Ashley haben mitgeschri­eben, ein Song ist seiner Frau Linda gewidmet. Und über „End Of The Rainbow“sagt Barry Gibb, dass er eine Strophe Robin vorgesunge­n hat, als er schon im Koma lag und zwei Wochen später starb. Das ist nicht kitschig, sondern brüderlich.

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Foto: Imago, Michael Nelson/dpa Sie waren die erfolgreic­hsten Disko-Brüder der Musikgesch­ichte: (von links) Barry, Robin und Maurice Gibb, hier im Jahr 1979. Barry ist der Einzige von ihnen, der noch lebt – und weitersing­t.
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