Mittelschwaebische Nachrichten
Wie die Antike ins Heute fand
Karlsruhe zeigt Aby Warburgs Bilderatlas
Karlsruhe Zum 150. Geburtstag von Aby Warburg (1866–1929) zeigt das Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) in Karlsruhe den Bilderatlas des Kunsthistorikers in Originalgröße. Die vollständige Rekonstruktion mit ergänzenden Ausstellungsstücken ist bis zum 13. November zu sehen. Warburg, der aus der gleichnamigen Hamburger Bankiersfamilie stammte, untersuchte insbesondere anhand von Bildern das Nachleben der Antike in der europäischen Kultur. Er gründete eine bedeutende kulturwissenschaftliche Bibliothek, die in den 1930er Jahren nach London gelangte.
Den „Bilderatlas Mnemosyne“, benannt nach der griechischen Göttin der Erinnerung, stellte Warburg ab 1924 zusammen. Er blieb unvollendet. Zwei der 63 Tafeln können in Karlsruhe das erste Mal seit 1929 wieder so ausgestellt werden, wie der Kunsthistoriker sie vor Augen hatte – mit den Originalabbildungen. Die Forschungsgruppe Mnemosyne hat vier Jahre lang an der Interpretation der Tafeln gearbeitet, viel länger als ursprünglich geplant. Warburgs Projekt, so der Kurator der Ausstellung, Roberto Orth, sei ein ungewöhnliches Unterfangen gewesen und gleichzeitig die Erfindung eines Instruments, für das es keinen Vorläufer gab. Für den Rektor der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe, Siegfried Zielinski, liegt der Wert der Arbeit unter anderem in der Darstellung der Beziehungsvielfalt der Bilder, die ein Netzwerk bilden.
Die Tafeln im Format 170 Zentimeter mal 140 Zentimeter mit jeweils rund 30 Bildern sind chronologisch aufgebaut. Zunächst werden die antiken Grundlagen der Geschichte abgebildet, später zeigen sie in der Zusammenstellung der Abbildungen die Wiederkehr des Antiken in der europäischen Geschichte. Ein Schwerpunkt dreht sich um die Renaissance in Florenz. In der italienischen Stadt hatte Warburg mit seiner Frau mehrere Jahre gelebt. (dpa)