Mittelschwaebische Nachrichten
Erste Schritte
Diplomatie II Auch die EU kommt Ankara ein bisschen entgegen. Aber nicht um jeden Preis
Brüssel Die Drähte zwischen Ankara und Brüssel glühen. „Wir reden auf allen Ebenen miteinander“, betonte EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Freitag in der slowakischen Hauptstadt Bratislava, wo die EU-Außenminister tagten und am Wochenende auch mit Ankaras Europaminister Ömer Celik zusammenkommen. Miroslav Lajcak, der slowakische Außenamtschef, sprach sogar von der „Hoffnung auf Normalisierung“.
In der Tat gebe es Bewegung, bestätigten EU-Diplomaten. Am Donnerstag hatte Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD), einer der Hauptkritiker des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan, eben diesen Machthaber besucht und ihm – offenbar in enger Abstimmung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) – bestätigt, es sei „beeindruckend, wie sich die Menschen in der Türkei (beim Putschversuch) dem Militär in den Weg gestellt haben“. Eine Anerkennung, die offenbar wie Balsam wirkte.
Neue Töne auf vielen Kanälen. Inzwischen wird offen darüber gesprochen, dass Ankara bereit sei, sich bei der umstrittenen TerrorGesetzgebung zu bewegen – dem wohl größten Hindernis für eine Visaliberalisierung. „Die Türken sind sich völlig bewusst, dass sie alle 72 Bedingungen erfüllen müssen“, bestätigte der Chef des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok (CDU) in Bratislava.
In Brüssel scheint man gewillt, Ankara dafür mehr Zeit einzuräumen. „Von unserer Seite wird nicht gedrängt“, meinte EU-Erweiterungskommissar, Johannes Hahn. Einen Bonus oder gar „Ausnahmen“werde es allerdings nicht geben, erteilte Österreichs Außenamtschef Sebastian Kurz Spekulationen eine Absage, die EU werde dem Land vielleicht sogar entgegenkommen, um die visafreie Einreise sozusagen im Vorgriff auf eine spätere Anpassung des Terror-Gesetzes zu ermöglichen.
Zuckerbrot und Peitsche – das scheint die Linie der Gemeinschaft zumindest vor laufenden Kameras zu sein. Hinter verschlossenen Türen „machen wir strikt klar, wo die Türkei sich ändern muss, ehe es weitere Zusagen gibt, aber man redet deutlich offener und freundlicher miteinander“, sagte ein hochrangiges Mitglied des Auswärtigen Dienstes der EU. „Die Signale stehen zwar noch nicht auf Grün, aber ganz sicher wieder auf Gelb.“
In der kommenden Woche reisen Mogherini und Hahn nach Ankara. Offiziell geht es nur um eine „Bestandsaufnahme“über Fortschritte und ungelöste Probleme in den Verhandlungen. Inoffiziell aber scheint klar zu sein, dass die EU und die Türkei wieder aufeinander zugehen.