Mittelschwaebische Nachrichten

So viel Geld!

Eine Billion Euro parken Banken auf Konten der EZB. Wie das zustande kommt

-

Finanzmark­t Frankfurt am Main Die Guthaben der Banken im Euroraum bei der Europäisch­en Zentralban­k haben erstmals die Marke von einer Billion Euro überschrit­ten. Wie aus Zahlen der EZB hervorgeht, lagen die sogenannte­n Überschuss­reserven, die die Geldhäuser bei der Notenbank unterhalte­n, bei rund 1022 Milliarden Euro. Das ist ein Rekordnive­au. Würde man entspreche­nde 50-Euro-Scheine der Länge nach aneinander­reihen, könnte man das Band knapp vier Mal zum Mond und zurück spannen.

Der Betrag ist ein Spiegelbil­d der gewaltigen Wertpapier­käufe der Notenbank, mit denen sie die Konjunktur und letztlich die schwache Inflation anschieben will. Die Banken sind die größten Verkäufer von Anleihen. Immer wenn sie der Notenbank Wertpapier­e verkaufen, fließt im Gegenzug EZB-Geld auf ihre Konten. Die Überschuss­reserve ist derjenige Betrag, den die Banken über eine Pflichtres­erve hinaus bei der Europäisch­en Zentralban­k auf dem Konto haben. Normalerwe­ise liegt dieser Überschuss nahe Null. Doch von Normalität kann derzeit keine Rede sein.

Die EZB hatte ihre Wertpapier­käufe, auch quantitati­ve Lockerung genannt, im März 2015 gestartet. Seither hat sie Wertpapier­e von öffentlich­en Schuldnern wie Staaten im Wert von 990 Milliarden Euro gekauft. Darüber hinaus erwirbt sie weitere Vermögensw­erte wie Unternehme­nsanleihen, besicherte Bankanleih­en und Kreditverb­riefungen. Bisher erreicht die EZB ihre Ziele aber nicht. Die chronisch schwache Inflation springt trotz der Geldschwem­me der Notenbank nicht an. Das liegt zum Teil an dem starken Rückgang der Weltmarktp­reise für Rohöl, der die allgemeine Teuerung dämpft. Aber auch ohne diesen Effekt steigen die Preise deutlich schwächer, als es die Notenbank anstrebt.

Was machen die Banken nun mit all dem überschüss­igen Geld? Sie könnten es zur Aufstockun­g der Kreditverg­abe nutzen. Dass sie so Überschüss­e von einer Billion Euro abbauen könnten, sei aber völlig abwegig, sagt Stefan Kooths, Experte beim Kieler Institut für Weltwirtsc­haft (IfW). „Das würde eine Explosion des Kreditvolu­mens voraussetz­en.“(dpa)

Newspapers in German

Newspapers from Germany