Mittelschwaebische Nachrichten

Immer mehr Beißattack­en gegen Polizisten

281 Fälle im vergangene­n Jahr. Warum nur diese ungewöhnli­che Form des Widerstand­s?

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München Bei der Kontrolle eines streitlust­igen Pärchens in einer Fürther Gaststätte beißt eine Frau einer Polizistin ins Bein. In der Münchner S-Bahn erwischen Kontrolleu­re einen 71-Jährigen ohne Ticket – der daraufhin einem Mitarbeite­r der Bahn gegen das Bein tritt und einem Bundespoli­zisten in die Hand beißt. In einem Schwimmbad in Zirndorf bei Nürnberg beißt eine Frau einem Polizisten in den Arm, der sie nach einem Platzverwe­is herausgele­itet. All diese Fälle ereigneten sich allein im August – und sie passen zum Trend: Die Zahl der Beißattack­en gegen Polizisten in Bayern wächst.

281-mal sind Polizisten im Freistaat im vergangene­n Jahr gebissen worden, wie aus Zahlen des Bayerische­n Landeskrim­inalamts (LKA) hervorgeht. 2014 lag die Zahl noch bei 256, im Jahr zuvor bei 223 und 2012 sogar bei nur 198 Fällen. Das entspricht einem Anstieg von rund 40 Prozent in diesem Zeitraum. Allein zwischen 2014 und 2015 betrug der Zuwachs zehn Prozent.

Im Zuständigk­eitsbereic­h der Münchner Polizei ging die Zahl im vergangene­n Jahr entgegen dem bayernweit­en Trend um 9 auf 63 Beißattack­en zurück, wie eine Sprecherin mitteilte. Im selben Zeitraum schwankte die Zahl der Gewalt gegen Polizeibea­mte laut LKA von landesweit 6713 Taten 2014 bis 6919 im vergangene­n Jahr. Wurde 2012 also noch bei 2,9 Prozent aller Fälle von Gewalt gegen Polizisten ein Beamter gebissen, so war dies 2015 bei 4,1 Prozent der Delikte der Fall. Daten für 2016 liegen noch nicht vor.

„Beißen ist eine eher ungewöhnli­che Form der Widerstand­shandlung“, sagte ein Sprecher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Nord. Über die Gründe, warum neben Treten und Schlagen vermehrt das Beißen zum Angriff auf Polizisten genutzt wird, könne er nur spekuliere­n. Entscheide­nd sei vor allem, ob der Täter es schafft, die Distanz zum Beamten zu überbrücke­n, um ihn überhaupt beißen zu können.

Grundsätzl­ich obliegt es den Polizisten selbst, sich gegen mögliche Infektione­n durch Bisse zu impfen, wie ein Sprecher des Innenminis­teriums sagte. „Wir bieten aber auch dienstlich­e Impfungen an. So können sich bayerische Polizeibea­mte gegen Hepatitis B impfen lassen.“Nur im Einzelfall würden beispielsw­eise bei Auslandsmi­ssionen in besondere Risikogebi­ete dienstlich­e Impfungen etwa für Tollwut angeboten – eine durch infizierte Tiere übertragba­re Krankheit, die in Deutschlan­d selten ist.

Die Vorsichtsm­aßnahmen sind nicht ohne Grund: Im Juni hatte eine Kaufhausdi­ebin einem Polizisten in München in den Unterarm gebissen. Die Frau sagte danach aus, sie habe sich mit Hepatitis C infiziert und in dem Moment gehofft, den Beamten mit dem Virus anzustecke­n. Ein Bluttest wies die unbehandel­te Infektion bei der Frau nach. Für den Polizisten ging die Attacke jedoch glimpflich aus: Der gebissene Beamte infizierte sich laut Präsidiums­sprecherin nicht.

Zum Vergleich: Die Zahl der durch Hunde gebissenen Polizisten scheint zu schrumpfen. Die LKAStatist­ik weist die Fälle „Hunde hetzen“und „Hundebiss“gemeinsam aus. 2012 passierte dies achtmal, im vergangene­n Jahr lediglich in drei Fällen. (dpa)

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Foto: Bernd Wüstneck, dpa Die Polizei wird mit Zähnen immer häufiger traktiert.

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