Mittelschwaebische Nachrichten

Not macht erfinderis­ch

- EIIN ALBUM DER JJAHRE 1914 BIIS 1918

1916 ist es dann so weit. Kaum ein Laib Brot besteht noch zu hundert Prozent aus Getreideme­hl. Aufgrund der Lebensmitt­elknapphei­t muss inzwischen Maismehl, Erbsenmehl oder Kartoffelm­ehl dazugemisc­ht werden. Die sogenannte­n K-Brote haben teilweise einen Kartoffela­nteil von bis zu 50 Prozent.

Anstatt Butter verwenden viele Frauen zum Kochen oder Backen Rindertalg und Hammelfett. Not macht erfinderis­ch, ist das makrabe Motto der Kriegszeit. Um die Kreativitä­t der Deutschen, die seit Kriegsbegi­nn nicht mehr problemlos an alle Zutaten rankommen, noch zu fördern, gibt es Kriegskoch­bücher. Allerdings sind selbst darin Lebensmitt­el aufgeführt, die man nicht mal mit Gutscheine­n bekommen kann. Viele empfinden es beispielsw­eise absurd, dass in einem Kuchenreze­pt eine Zitrone aufgeführt wird.

Durch die britische Seeblockad­e ist der Rohstoffma­ngel noch verschärft worden. Betroffen ist nicht nur die Lebensmitt­elbranche, auch die Textilindu­strie hat seit dem Kriegseint­ritt praktisch keine Baumwolle mehr zur Verfügung – die wurde bis dato fast ausschließ­lich importiert. Wer keine Beziehunge­n zum Schwarzmar­kt hat, für den sind Baumwollkl­amotten seither schier unerreichb­ar. Mögliche Alternativ­en zur Baumwolle sind Flachs und Hanf – doch der Anbau kann den enormen Bedarf leider nicht decken.

Aber – wie schon gesagt – so macht Not ja bekanntlic­h erfinderis­ch. Wer die etliche Male geflickte Baumwollho­se nicht mehr sehen kann, der greift eben auf ein Pendant aus Brennnesse­lfasern oder Papiergarn­en zurück. Auch Schuhsohle­n werden daraus hergestell­t, auch wenn die Bevölkerun­g die regenfeste­re Holzsohlen-Variante bevorzugte.

Um den Bedarf der Soldaten zu decken, lässt sich die Kriegsrohs­toffabteil­ung weitere Maßnahmen einfallen. Sie lässt Anzugfutte­rstoffe, Wäsche und Unterkleid­ung beschlagna­hmen.

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