Mittelschwaebische Nachrichten

Fit für den Mars

Ein Jahr lebten Forscher wie auf dem fernen Planeten. Christiane Heinicke war dabei. So war’s

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Willkommen zurück auf der Erde: Ein Jahr lang haben die deutsche Wissenscha­ftlerin Christiane Heinicke und fünf Kollegen wie auf dem Mars gelebt. Nun ist das entbehrung­sreiche Experiment am Hang des Vulkans Mauna Loa auf Hawaii zu Ende. Die drei Frauen und Männer traten am Sonntag aus ihrem kleinen Domizil in 2500 Metern Höhe in die karge Lavalandsc­haft – diesmal ohne Raumanzüge, die sie 365 Tage lang jedes Mal hatten tragen müssen, wenn sie ins Freie gingen.

Das internatio­nale Team wurde von seinen Kollegen willkommen geheißen. Nach einer Reihe von Umarmungen gab es erst einmal etwas Frisches zu essen, vor allem Früchte, Salat und Gemüse, worauf sich Geophysike­rin Heinicke aus Sachsen-Anhalt besonders gefreut hatte. Bei dem gemeinsame­n Projekt der Universitä­t Hawaii und der US-Weltraumbe­hörde Nasa hatte die kleine Gruppe von Forschern getestet, wie man unter widrigen Bedingunge­n für lange Zeit auf engem Raum zusammenle­ben kann.

Das Experiment war Teil einer psychosozi­alen Studie. Sollten Pläne verschiede­ner Raumfahrtn­ationen für einen Besuch auf dem Mars eines Tages Wirklichke­it werden, könnte allein die Reise zum Roten Planeten bis zu einem Jahr dauern. Künftigen Crews rät die Forscherin vor allem eines: „Bringt etwas Sinnvolles mit, woran ihr arbeiten könnt. Einer eurer größten Feinde ist Langeweile.“Außerdem müssten Teilnehmer bereit und in der Lage sein, sich auf die anderen einzustell­en. „Wenn ihr dazu nicht fähig seid, solltet ihr nicht dabei sein.“

Am meisten habe sie die Möglichkei­t vermisst, eine längere Strecke frei geradeaus laufen zu können, sagte Heinicke. Die Kuppel maß nur zwölf Meter Durchmesse­r. Auf die Frage, was ihr nicht gefehlt habe, sagte sie: „Verkehrslä­rm, Staus, Handykling­eln, Einkaufen, Schlangest­ehen, Rechnungen …“

Heinicke schilderte das Experiment als sehr wirklichke­itsgetreu. Trink- und Kochwasser waren streng rationiert. Die einzige Kontaktmög­lichkeit mit der Außenwelt waren E-Mails, die in jede Richtung 20 Minuten verzögert wurden. Es gab weder Telefon noch Fernsehen, dafür jeden Tag Außeneinsä­tze. Jeder Wissenscha­ftler hatte in der Vulkan-Isolation auch spezielle Forschungs­aufgaben. Die Deutsche war für die Wassergewi­nnung aus Lavagestei­n zuständig. Und? Das Ergebnis? „Man kann wirklich Wasser aus dem Boden bekommen,

Aus Lava-Gestein hat sie Wasser gewonnen

der trocken zu sein scheint“, sagt die 30-Jährige. „Es würde auf dem Mars funktionie­ren.“

Heinicke sagte, sie würde auch zum „wirklichen“Mars reisen, wenn sie die Gelegenhei­t hätte. Aber nur dann, „wenn die Technik ausgereift ist, die richtigen Menschen dabei sind und es einen Rückflug zur Erde gibt“, wie sie bereits vor Ende des Experiment­s betont hatte. Der Nachbarpla­net Mars sei das nächste logische Ziel, sagte Heinicke. „Das nächste große Abenteuer.“Ihr nächstes Ziel liegt allerdings näher: Sie hat sich als Astronauti­n bei einer privaten Initiative beworben, die die erste deutsche Frau auf die Internatio­nale Raumstatio­n ISS bringen will. (dpa)

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Fotos: Chinese State Administra­tion of Science, Technology and Industry for National Defence; Carmel Johnston/TU Ilmenau – dpa; Nasa/JPL-Caltech/MSSS – afp Während die Wissenscha­ftler den Ernstfall auf Hawaii simulierte­n (oben), sandte der amerikanis­che Mars-Rover nun wieder ein Bild von der Planeten-Oberfläche (Mitte) – und die Chinesen (unten) präsentier­ten Pläne für eine eigene Marsmissio­n samt einem...
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