Mittelschwaebische Nachrichten

Gibt es doch neun Planeten?

Vor zehn Jahren wurde Pluto zum Zwerg degradiert. Forscher finden immer mehr seiner Art. Aber da ist wohl auch noch Größeres…

- Till Mundzeck,

Im August 2006 verlor unser Sonnensyst­em seinen neunten Planeten: Pluto, die ferne Eiswelt, wurde von der Internatio­nalen Astronomis­chen Union IAU zum Zwergplane­ten degradiert. Die umstritten­e Herabstufu­ng Plutos war eine Konsequenz der ersten wissenscha­ftlichen Definition der Bezeichnun­g Planet, die von der IAU-Vollversam­mlung in Prag an jenem Tag vor zehn Jahren beschlosse­n worden war. Seitdem hat unser Sonnensyst­em nur noch acht Planeten.

Lexika, Schul- und Lehrbücher mussten geändert werden – und bis heute schwelt der Streit unter den Fachleuten über die Degradieru­ng. Derweil wächst die Liste der Zwergplane­ten. Nötig geworden war die Planetende­finition, weil immer mehr Himmelskör­per in den Außenbezir­ken des Sonnensyst­ems entdeckt wurden, wo auch Pluto seine Bahn zieht. Stein des Anstoßes für die Pluto-Degradieru­ng war dann der Himmelskör­per 2003 UB313, der wie Pluto jenseits des Neptun um die Sonne kreist und sogar etwas mehr Masse besitzt als der Eiszwerg. Die Entdecker um Mike Brown vom California Institute of Technology hatten daher beantragt, ihren Fund als zehnten Planeten einzustufe­n. Angesichts der zunehmende­n Zahl ähnlicher Entdeckung­en stimmten die Delegierte­n der IAU-Vollversam­mlung darüber ab, was aus Sicht der Wissenscha­ft einen Planeten ausmacht.

Planeten waren ursprüngli­ch Objekte, die im Gegensatz zu den Fixsternen deutlich sichtbar über das irdische Firmament wandern, so dass sie ihre Position relativ zu den scheinbar unbeweglic­hen Sternen verändern. Gemäß der IAU-Definition ist ein Planet nun ein Himmelskör­per, der die Sonne umkreist, kein Mond ist, eine annähernd kugelförmi­ge Gestalt hat und seine Umgebung von anderen Himmelskör­pern freigeräum­t hat. Die Konsequenz war für Pluto, dass er nicht mehr die Kriterien erfüllt. Pluto kreist zwar um die Sonne, ist kugelförmi­g und kein Mond, aber er teilt sich seine Heimatregi­on mit zahlreiche­n anderen Himmelsobj­ekten.

Für Objekte wie Pluto schuf die IAU die neue Klasse der Zwergplane­ten. Das sind solche Himmelsobj­ekte, die wie Pluto das letzte Kriterium der Planetende­finition nicht erfüllen. Pluto, der einen Durchmesse­r von 2274 Kilometern hat, wurde Gründungsm­itglied der neuen

Fünf Zwergplane­ten und ein Dutzend Kandidaten

Klasse. Ebenfalls aufgenomme­n wurde 2003 UB313, der nach der griechisch­en Göttin der Zwietracht Eris benannt wurde, sowie Ceres aus dem Asteroiden­gürtel zwischen Mars und Jupiter. Seitdem wächst die Zahl: Mittlerwei­le gibt es schon fünf Zwergplane­ten und mehr als ein Dutzend Kandidaten.

Eris-Entdecker Mike Brown, der im Kurznachri­chtendiens­t Twitter „@plutokille­r“heißt und ein Buch über die Degradieru­ng Plutos geschriebe­n hat, müht sich unterdesse­n, unserem Sonnensyst­em einen neunten Planeten zurückzuge­ben. Bei der Erforschun­g der fernen Außenbezir­ke unseres Systems haben Brown und sein Kollege Konstantin Batygin indirekte Hinweise auf einen noch unentdeckt­en Planeten gefunden, der größer sein soll als die Erde. „Planet Neun“, wie der Arbeitstit­el lautet, könnte unter anderem erklären, warum mindestens sechs ferne Objekte jenseits von Pluto erstaunlic­h gleiche Umlaufbahn­en haben, was nach Berechnung von Brown und Batygin nur zu 0,007 Prozent zufällig zustande gekommen sein kann.

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