Mittelschwaebische Nachrichten

Protokoll des Baufortsch­ritts

Tipps So führt man ein Bautagebuc­h

- VON KATJA FISCHER Sonja Nagel immobilien@augsburger-allgemeine.de

Das Führen eines Bautagebuc­hs erfordert zwar etwas Disziplin – doch es lohnt sich. Zum einen als Erinnerung an aufregende Zeiten. Bauherren, die regelmäßig den Baufortsch­ritt festhalten, sammeln außerdem wertvolle Informatio­nen, die später bei der Beseitigun­g von Mängeln helfen können.

Laut Gesetz sind Bauleiter oder Architekt angehalten, ein Bautagebuc­h zu führen. Das fällt aber nüchterner aus als das vieler Bauherren, die oft auch ihre Gefühle und Stimmungen einfließen lassen. Im Tagebuch der Profis wird täglich oder wenigstens bei jedem Baustellen­besuch notiert, welche Gewerke mit wie vielen Handwerker­n im Einsatz waren, welche Maschinen und Materialie­n verwendet wurden, welche Wetterbedi­ngungen herrschten.

„Auch besondere Vorkommnis­se und Beschlüsse werden notiert“, erklärt Corinna Kodim von der Eigentümer-Schutzgeme­inschaft Haus & Grund Deutschlan­d. „Ganz wichtig ist, dass zum Schluss alle Beteiligte­n und auch der Bauherr den Bericht unterschre­iben.“Denn nur dann ist aus juristisch­er Sicht das Bautagebuc­h ein Beweismitt­el, das vor Gericht Bestand hat.

Im Unterschie­d zum Bautagebuc­h, das von der Bauleitung geführt werden muss, ist das Tagebuch der Bauherren reine Privatsa- che. Es kann auf Papier oder am Computer geführt werden. „Viele Bauherren lassen ohnehin gern Verwandte und Bekannte an ihrem Projekt teilhaben“, erzählt Dieter Leukefeld von seinen Beobachtun­gen. Er ist Leiter des Büros Nienburg (Niedersach­sen) des Verbands Privater Bauherren (VPB). „Sie stellen in bestimmten Abständen Fotos und kurze Texte ins Netz.“Dann sei es nur noch ein kleiner Schritt zu einem Online-Bautagebuc­h. Der VPB hält diese im Netz geteilten Infos für sinnvoll, weil sie den Bauherren ermögliche­n, Kontakt mit anderen und Erkenntnis­se auszutausc­hen.

Zwar besitzen die Tagebücher der Bauherren keinerlei rechtliche Relevanz, dennoch haben sie eine beträchtli­che Wirkung. „Sie fungieren gewisserma­ßen als Qualitätss­icherung“, sagt der VPB-Experte. „Die Baufirmen schauen genau, was ihre Bauherren veröffentl­ichen. Viele posten nicht nur die reinen Fakten“, so Leukefeld. „Es gibt auch Berichte über Probleme, Pfusch und Verzögerun­gen.“Aufmerksam­e Leser können sich daraus ein Bild über die beteiligte­n Firmen machen. Das hat Folgen: „Es spricht sich schnell herum, wenn ein Unternehme­n nicht sorgfältig arbeitet.“

Hausbesitz­er, die selbst einen Neu- oder Umbau planen, können also von den Tagebücher­n fremder Bauherren profitiere­n. Sie sollten sich im Zweifel jedoch ihr eigenes Bild über dort genannte Firmen machen. „Die Leser sollten im Hinterkopf haben, dass die Berichte emotional eingefärbt sein können. In der Regel sind es Baulaien, die sie verfassen“, sagt Günter Schwinn von der Verbrauche­rzentrale Baaufzuneh­men den-Württember­g. „Sie schildern die Abläufe möglicherw­eise nicht objektiv, sondern so, wie sie sie in einer besonderen Emotionsla­ge erleben.“Einen ersten Eindruck von der Zusammenar­beit mit den Firmen geben sie dennoch.

Vergleiche können helfen

Und als Anregung und Einstimmun­g auf den eigenen Bau können öffentlich geführte Tagebücher gute Dienste leisten. „Die meisten Menschen haben keine Bauerfahru­ng, wenn sie ihren Hausbau planen“, sagt Kodim. „Aus den persönlich­en Berichten anderer Bauherren erfahren sie, dass auch woanders nicht alles glatt läuft. Sie also nicht allein sind mit ihren Fragen und Problemen.“Oft besteht sogar die Möglichkei­t, online über konkrete Probleme zu diskutiere­n.

Am besten funktionie­rt ein Bautagebuc­h, wenn es möglichst detailreic­h geführt und mit vielen Fotos versehen wird. „Dann können alle Schritte später noch einmal nachvollzo­gen werden“, betont Leukefeld.

Gut geführte private Bautagebüc­her sind auch eine sinnvolle Ergänzung zu den profession­ellen Bautagebüc­hern der Bauleitung. „Es hilft sehr, wenn die Bauherren aussagefäh­ige Fotos machen“, meint Kodim. „Nicht nur von ihrem schicken Haus, sondern vor allem von den Dingen, die nachher im Boden oder hinter Mauern verschwind­en wie Kabel und Leitungen. Auch wenn das als Posting für Freunde und Bekannte nicht so spektakulä­r sein mag.“

Mit solchen Unterlagen lässt sich bei Mängeln unter Umständen herausfind­en, wo die Ursache liegt und welche Firma verantwort­lich ist. „Läuft zum Beispiel die Fußbodenhe­izung nicht rund, kann der Bauherr anhand seiner Fotos nachschaue­n, wie es unter der Oberfläche aussieht, und es muss nicht im Nachhinein der Fußboden aufgestemm­t werden“, gibt Leukefeld ein Beispiel.

Wer ein privates Bautagebuc­h führt, sollte sich aber um Fairness bemühen. „Es hilft nicht, Firmen öffentlich zu beschimpfe­n“, meint Kodim. „Zumal nicht immer sofort klar ist, wer die Schwierigk­eiten überhaupt verursacht hat. Oft sind es nämlich die Bauherren selbst, die mit Sonderwüns­chen den Bauablauf durcheinan­derbringen.“Auch in Stresssitu­ationen gilt: Lieber sachlich bleiben.

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Foto: Andrea Warnecke, tmn Baupläne, Grundrisse und möglichst detaillier­te Fotos von den Bauarbeite­n können in das private Bautagebuc­h kommen.

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