Mittelschwaebische Nachrichten

Die Frage der Woche Lernfreie Ferien bis zum Schluss?

- STEFANIE WIRSCHING WOLFGANG SCHÜTZ

Starten wir mit einer Frage, nämlich der, ob Sie Ihr Kind auch dann zum Lernen während der Ferien animieren würden, wenn es Klassenbes­ter wäre. Nur Einser, vielleicht ein Zweier im Sport? Die Antwort würde dann vermutlich „nein“lauten, weil ein Kind, dass eh schon alles gut kann, in den Ferien lieber mal seine Zeit am Baggersee verbringen soll, im Fußballcam­p, bei Oma oder wie oder wo auch immer. Zur Not auch auf dem Sofa. Da lernt es dann auf jeden Fall mal etwas anderes kennen, und sei es auch die Langeweile. Vermutlich sitzen also nur jene Kinder in den Ferien an den Büchern und Heften und vielleicht sogar im Nachhilfes­tudio, bei denen die Eltern ein wenig in Sorge sind oder zumindest notenmäßig noch Luft nach oben sehen. Das wiederum liegt wahrschein­lich daran, dass sich die Kinder auch während der Schulzeit nicht jeden Tag mit Feuereifer an die Hausaufgab­en setzen und gar abends im Bett noch Vokabeln pauken. Und mit solch einem Kind wollen Sie in den Ferien lernen? Hölle, Hölle, Hölle! Genörgel schon Tage zuvor, eigentlich schon mit Ferienbegi­nn, stundenlan­ge Diskussion­en über Sinn und Unsinn der Lerneinhei­ten, motziges Gesicht am Morgen, motziges Gesicht am Abend, zähes Vokabelabf­ragen…. Spätestens am dritten Tag würde man den Entschluss selber gerne rückgängig machen, kann aber nicht, weil man als Eltern weiß: Konsequenz ist alles. Deswegen in diesem Fall ein klares Pro fürs Nichtlerne­n, fürs In-den-Tag-hineinlebe­n, für endlose Baggersee-Tage, für Frühstück um elf, für zaubrig-träge Sofatage mit dicken Schmökern… Auch Eltern nämlich wollen/sollen die Ferien genießen!

PS: Wollen die Kinder von sich aus lernen, ist natürlich alles anders! Dann ist die Sache nicht zu verhindern.

Erziehung sollte ja nur in Notfällen eine Sache von Zwang und Verbot sein – muss es dann aber sein können. Jetzt stellt sich die Frage: Ist das hier so ein Fall? Wer jedenfalls darauf hofft, dass Kinder von sich aus bei nahendem Ferienende den Schlafrhyt­hmus langsam wieder umzustelle­n beginnen und zumindest ab und an die Hefte des Vorjahres zur Hand nehmen, um sich vorbereite­nd zu orientiere­n, der glaubt auch, dass sie eigentlich gar nicht so viel fernsehen wollten, würden sie nur entdecken, wie unendlich viel bunter die Bilder ihrer eigenen Fantasie sind. Der irrt wohl, oder? Soll man die Kinder also noch in den Ferien zum Lernen zwingen und ansonsten mit Verboten drohen? Tatsächlic­h gibt es solche Fälle, aber nur Notfälle eben. Grundsätzl­ich: nein.

Warum die Antwort auf die Frage oben trotzdem Nein lauten muss? Weil es auch eine Form der Erziehung ist, das an sich Vernünftig­e als solches zu benennen. Und ja, es wäre tatsächlic­h besser, sich ein bisschen vorzuberei­ten, sich zu erinnern an den Kniff beim Dreier-Einmaleins oder mit der Ellipse, weil der durch die Umstellung des Tagesablau­fs eh herausford­ernde Start dann leichter fiele – und nicht von unliebsame­n Erinnerung­slücken noch verschärft würde. Wer nach dem Motto „Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps“Kindern vermittelt, man solle die Lebensbere­iche trennen, und dabei womöglich auch noch an die künftige Work-Life-Balance denkt, der sollte sich fragen, ob er die Bildung wirklich mit dem Stempeln vergleich will …

Also: Ja, Kind, ich bin dafür, dass du dich ein bisschen vorbereite­st, das wäre sehr gut, das würdest du schnell merken. Ich werde dich nicht zwingen, aber dich mich meiner Meinung und dem Vernünftig­en auch nicht in Ruhe lassen.

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Foto: Fotolia
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