Mittelschwaebische Nachrichten
Wieder jung dank MC Fitti
Inzwischen – das habe ich mir widerstandslos, ja sogar gerne einreden lassen – bin ich im „besten Alter“angekommen. Der Mangel an Melanin macht sich über der Kopfhaut bemerkbar: Langsam, aber sicher ergrauen die Haare. Die Zipperlein häufen sich dafür.
Aber noch immer bin ich als Teil der Baby-Boomer gefragt, da unserer Generation Kaufkraft bescheinigt wird. Da alle ohnehin nur unser Bestes wollen, nämlich unser Geld, sind wir noch interessant für die werbetreibende Industrie. Das beruhigt. Man ist noch dabei.
Den ersten Nackenschlag führte vor Jahren zielsicher der Bayerische Rundfunk aus, als er mich aufs Altenteil schickte und bestimmte, fortan hat meine Radiowellenheimat zu sein. Bis dato war dieser Sender eine No-go-Area. Heimliches Hören war immer mit der Furcht verbunden, dass die Regierung dieses Staatssenders doch alles mitbekommt und eine Woche später der daraufhin vom Sozialministerium verschickte Seniorenausweis im Briefkasten liegt. Mittlerweile aber bin ich ein Gefangener dieses Musikteppichs, der hauptsächlich mit Liedstoff aus den 80ern Jugenderinnerungen webt. Die emotionale Falle schnappt zu.
Manchmal allerdings landet diese Gefühlsduselei auf dem harten Boden der Realität des Jahres 2016. Wie vor wenigen Tagen: In eine der ungezählten WhatsApp-Gruppen schickte ein Bekannter ein Foto: Sein Haar war mit einer Art Konfetti teilbedeckt. Neben ihm blitzten die weißen Zähne eines Mannes, der einen gepflegten Vollbart und Sonnenbrille im Gesicht trug. Und auf dem Kopf eine – früher hätte man gesagt – Schildmütze. Das sah cool aus, die Stimmung schien an jenem Veranstaltungsort prächtig zu sein. Ich fragte an, ob es peinlich ist, diesen fröhlichen Menschen nicht zu kennen. Der Youngster verneinte großzügig und klärte auf: Der Herr, ein Rapper, nennt sich MC Fitti – und er kommt wohl bei Jüngeren ganz gut an. Nur eines geschieht wohl in absehbarer Zeit nicht: dass MC Fitti auf Bayern 1 etwas zum Besten gibt. Zum Glück, denn dieser Sender ist schließlich für das Gute, Wahre, Schöne reserviert.