Mittelschwaebische Nachrichten

Gute Absichten, verheerend­e Folgen

- VON SARAH SCHIERACK schsa@augsburger-allgemeine.de

Nach dem Ausbruch der Finanzkris­e in den USA kamen immer wieder ungeheuerl­iche Geschichte­n an die Öffentlich­keit: Von blauäugige­n Käufern etwa, die Immobilien mit fremdem Geld finanziert­en – obwohl sie sich das gar nicht leisten konnten. Oder auch von gierigen Banken, die sich wenig bis gar nicht für die Bonität ihrer Kunden interessie­rten.

An diese Fälle dürften die Beamten des Finanzmini­steriums gedacht haben, als sie die neue Immobilien­kredit-Richtlinie der EU umgesetzt haben. Denn um zu ver- hindern, dass es deutschen Kreditnehm­ern ähnlich ergeht, haben sie die Regelung besonders streng ausgelegt. Damit sind sie aber über das Ziel hinausgesc­hossen.

Gerade für Rentner ist die Entwicklun­g fatal. Denn die Richtlinie zwingt die Banken, die Kreditnehm­er in erster Linie nach ihren laufenden Einkünften beurteilen. Selbst jemand, der sein eigenes Haus altersgere­cht umbauen will, bekommt nur schwer einen Kredit.

Natürlich ist es löblich, wenn der Gesetzgebe­r die Verbrauche­r davor schützen will, sich zu überneh- men. Aber die Voraussetz­ungen in Deutschlan­d sind nicht die gleichen wie seinerzeit in den USA. Der deutsche Immobilien­markt gilt als vergleichs­weise stabil. Eine Überreguli­erung ist hier fehl am Platz. Zumal sie auch weiter reichende Folgen haben kann: Bekommen immer weniger Menschen einen Kredit, sinkt die Nachfrage nach Immobilien – und damit auch ihr Wert. Und auch der deutschen Konjunktur, die unter anderem von der boomenden Bauwirtsch­aft angetriebe­n wird, könnte letztlich ein empfindlic­her Knick drohen.

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