Mittelschwaebische Nachrichten
Außenseiter siegt im Harting-Reich
Berliner ISTAF Ein Österreicher gewinnt das Diskuswerfen. Den deutschen Speerspezialisten gelingt der große Wurf. Ein 40-Jähriger aus der Karibik dominiert im Sprint
Berlin Abschied und Wiedersehen, Siege und Tränen. Das JubiläumsISTAF bietet viele emotionale Elemente. Die deutschen Speerwerfer glänzen zum Saisonschluss, Christina Obergföll siegt im letzten Wettkampf ihrer Karriere. Die Kugelstoßer enttäuschen dagegen auch beim Heimspiel im Olympiastadion. Dafür dreht Sprint-Opa Kim Collins mächtig auf: Der 40-Jährige gewinnt den Sprint gegen die jungen Wilden. Fünf Hingucker vom 75. Internationalen Stadionfest der Leichtathleten:
GRAND MIT VIEREN War das ein Ding: Olympiasieger Thomas Röhler geschlagen, Johannes Vetter siegt mit persönlicher Bestleistung von 89,57 Metern, und Julian Weber (88,29) wird mit Röhlers Schuhen Zweiter. Zum Saisonschluss trumpft ein deutsches SpeerwurfQuartett mächtig auf. Weil Webers Gepäck in Frankfurt hängen bleibt, muss er sich die Wurfschuhe vom Olympiasieger leihen. Zwei Tage nach dem verpassten Jackpot in der Diamond League wird Röhler (82,55) nur Vierter. Auf Rang drei landet der Mannheimer Andreas Hofmann (85,42).
SPRINT-OPA Berlin ist für SprintOldie Kim Collins immer eine Reise wert. Mit 40 hat der Dauerbrenner von den Karibik-Inseln St. Kitts und Nevis immer noch nicht fertig. „Man muss nur immer daran glauben, dass das Beste noch kommt“, sagt der Sensations-Weltmeister von 2003, der in diesem Jahr seine persönliche Bestleistung auf 9,93 Sekunden drückte. Beim ISTAF wiederholt Collins seinen VorjahresErfolg, er siegt in 10,07 Sekunden – und lässt gleich vier weitaus jüngere Unter-10-Sekunden-Sprinter hinter sich.
ABSCHIED MIT TRÄNEN Samstag, punkt 16.08 Uhr, lässt Christina Obergföll den 600 Gramm schweren Speer zum letzten Mal fliegen. Der Sieg im letzten Wettkampf ihrer Karriere mit 64,28 Metern macht ihr den Abschied leichter. Mit Tränen in den Augen geht sie auf die Ehrenrunde. Ihre Schlussworte: „Echt geil.“Auch ihre Speerwurf-Kollegin Linda Stahl und die frühere HammerwurfWeltmeisterin Betty Heidler gehen in die Sport-Rente – und mit ihnen 17 Medaillen bei Olympia, WM und EM seit 2005.
HARTING KRIEGT DIE KURVE London-Olympiasieger Robert Harting beendet seine turbulente Saison versöhnlich – als Dritter mit 63,23 Metern. Auf seinen Wunsch wird erstmals aus einem neuen Ring in der Ostkurve geworfen. Das Bruderduell fällt allerdings aus: Rio-Olympiasieger Christoph Harting ist krank und muss auf einen Start verzichten. Ein Österreicher stiehlt Publikumsliebling Harting und Weltmeister Piotr Malachowski (Polen/65,39) die Show: Lukas Weißhaidinger siegt mit 66 Metern. Robert Harting macht den Zeitpunkt seines Karriere-Endes vom Abschneiden bei den Leichtathletik-Europameisterschaften 2018 in Berlin abhängig. Beim Heimspiel in zwei Jahren will sich der dann 33 Jahre alte Lokalmatador noch einmal EM-Gold holen und von seinen Fans verabschieden. „Wenn ich da gewinne, dann ist Schluss, werde ich da nur Zehnter, dann hänge ich wohl noch ein Jahr dran.“
SEMENYAS DÉJÀ VU 800-MeterLäuferin Caster Semenya rennt in dieser Saison allen auf und davon. Seit zwölf Rennen ist die 25 Jahre alte Südafrikanerin nun schon unbezwungen. Vor sieben Jahren wird sie in Berlin überraschend Weltmeisterin. Beim ISTAF setzt die RioOlympiasiegerin ihre stolze Siegesserie fort und gewinnt in starken 1:55,68 Minuten. Ihre letzte Niederlage liegt schon ein Jahr zurück: Es war am 6. September 2015 – beim ISTAF. Im nächsten Jahr dürfte der Uralt-Weltrekord der Tschechin Jarmila Kratochvílová (1:53,28) wackeln. (dpa)