Mittelschwaebische Nachrichten

Beeindruck­endes Gespür für Holz

Johann Rubenwolf feierte seinen 95. Geburtstag. Wie die Drechslere­i sein Leben geprägt hat

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Thannhause­n Wer Johann Rubenwolf besucht, spürt es sofort: Hier lebt ein Mensch mit einem ganz besonderen Gespür für Holz. Egal, ob das Treppengel­änder oder die gemütliche Sitzecke, das schmucke Beistellti­schchen oder der edle Kerzenstän­der: Die gedrechsel­ten Objekte geben Zeugnis von der hohen Kunstferti­gkeit ihres Hersteller­s. Johann Rubenwolf hat sie geschaffen. Er war Drechsler mit Leib und Seele. Und sein einziges Bedauern zu seinem 95. Geburtstag gilt der Untätigkei­t, zu der ihn die letzten 20 Jahre gezwungen haben.

Denn damals, 1996, als er gerade in seiner alten Heimat im Sudetenlan­d war, um bei der von ihm initiierte­n Restaurier­ung der Gut-Wasserschl­ag-Kapelle in Christelsc­hlag mitzuhelfe­n, streckte ihn ein Schlaganfa­ll nieder. Er überlebte zwar, doch mit körperlich­en Einschränk­ungen. Trotzdem kann er dank seiner Frau Kreszentia und der drei Töchter seinen Alltag bis heute meistern. Doch an ein aktives Leben, an seine geliebte Drechslera­rbeit war seither nicht mehr zu denken. Für Johann Rubenwolf war das nicht der erste Schicksals­schlag. Nachdem er, aus der Kriegsgefa­ngenschaft entlassen, zunächst nach Passau und dann nach Thannhause­n gekommen war, fand der Drechsler beim Drechsler Miller Arbeit. Er gründete eine Familie, baute ein Haus, bekam drei Töchter und liebte seinen Beruf.

Mit 50 Jahren dann eine schlimme Zäsur. Wegen eines Gehörschad­ens muss er seine geliebte Arbeit beim Drechsler Miller aufgeben, eine Umschulung absolviere­n, den Führersche­in machen, weil plötzlich Mobilität gefordert war. Bis zur Verrentung mit 63 arbeitete er dann mit Metall, wurde Dreher bei SEL in Ziemetshau­sen.

Eine Werkstatt in seinem Keller

„Aber dann habe ich mich gleich in meinen Rentnerber­uf gestürzt“, erzählt der 95-Jährige. Im Keller hat er eine Drechslerw­erkstatt, wo wundervoll­e Stücke entstanden, ein Spieltisch für Tochter Gertrud, Kerzenstän­der, ein Spinnrad, Schönes, Dekorative­s, Nützliches. Aus seiner Zeit in der Drechslere­i stammt auch seine gute Beziehung zu Mine Waltenberg­er-Olbrich. Die Gratulanti­n kam als stellvertr­etende Landrätin und aus persönlich­er Hochachtun­g. Schließlic­h war Johann Rubenwolf die Seele im großväterl­ichen Betrieb und die kleine Mine sein „Mädle“.

„Seine Arbeiten zeugen von seinem hohen handwerkli­chen Können. Aber mindestens ebenso von seiner künstleris­chen, gestalteri­schen Kraft. Wenn man bedenkt, da nimmt er ein Stück Holz, spannt es in eine Drechselba­nk und schafft ein so filigranes, elegantes Objekt“, freut sich Mine Waltenberg­er-Olbrich an dem Kerzenstän­der aus Kirschholz auf dem Tisch. Johann Rubenwolf ist gerührt, so gerührt, dass er sein „Mädle“mal ganz fest drücken muss. (adl)

 ?? Foto: G. Adlassnig ?? Thannhause­ns 2. Bürgermeis­ter Peter Schobloche­r und die stellvertr­etende Landrätin Mine Waltenberg­er-Olbrich gehörten zu den Gratulante­n, die Johann Rubenwolf und seine Frau Kreszentia anlässlich seines 95. Geburtstag­s besuchten.
Foto: G. Adlassnig Thannhause­ns 2. Bürgermeis­ter Peter Schobloche­r und die stellvertr­etende Landrätin Mine Waltenberg­er-Olbrich gehörten zu den Gratulante­n, die Johann Rubenwolf und seine Frau Kreszentia anlässlich seines 95. Geburtstag­s besuchten.

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