Mittelschwaebische Nachrichten
Merkel übernimmt Verantwortung für CDU-Niederlage
Aber an ihrer Flüchtlingspolitik hält sie weiter fest. Auch wenn die CSU ihre Forderung nach einem Kurswechsel in Berlin erneuert
Berlin/Augsburg Nach den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern erhöht sich der Druck auf Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel. Mit Spannung wird ein geplantes Gipfeltreffen der Berliner Koalition am Sonntag erwartet, bei dem erste Konsequenzen aus der Niederlage von SPD und CDU und dem neuen Erfolg der rechtspopulistischen AfD im deutschen Nordosten gezogen werden können. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte: „Es kann ja keiner mit dem Ergebnis in MecklenburgVorpommern zufrieden sein.“
Merkel will nach dem Debakel ihrer CDU verstärkt persönlich um Vertrauen werben, aber den Kurs ihrer umstrittenen Flüchtlingspolitik beibehalten. In einer Stellungnahme am Rande des G-20-Gipfels in China übernahm sie die Verantwortung für den Absturz ihrer Partei auf unter 20 Prozent und Platz drei hinter der AfD. Sie sagte, alle müssten darüber nachdenken, „wie können wir jetzt das Vertrauen wieder zurückgewinnen – und vorneweg natürlich ich“. Klar sei, dass die Niederlage „was mit der Flüchtlingspolitik zu tun“habe. Sie halte „dennoch die Entscheidungen, so wie sie getroffen wurden, für richtig“. Es sei schon viel erreicht worden, hob sie hervor, „gerade im Blick auf die Reduzierung der Zahl der ankommenden Flüchtlinge, aber auch im Blick auf die Vorbereitung der Integration“.
Der Politikwissenschaftler KarlRudolf Korte hält eine innerparteiliche Revolte gegen Merkel für unwahrscheinlich. „Merkel muss keinen Aufstand fürchten. Kein konkreter Nachfolger wartet“, sagte er. Allerdings erwarteten sowohl CDU als auch CSU jetzt eine offensive Strategie der Kanzlerin zur Mobilisierung der politischen Mitte.
CSU-Politiker forderten einen härteren Kurs in der Flüchtlingspolitik. Bayerns Finanzminister Markus Söder sagte gegenüber unserer Zeitung, das Wahlergebnis müsse ein Weckruf für die Union sein. „Die Stimmung der Bürger lässt sich nicht mehr ignorieren. Es braucht einen Kurswechsel in Berlin“, betonte Söder. Statt eines „Wir schaffen das“sei ein „Wir haben verstanden, und wir ändern das“nötig. Scheuer sagte, seine Partei werde beim Spitzentreffen am Sonntag „sehr klar“ihre Positionen vertreten. (dpa, afp, jös)
»Leitartikel „Für CDU und CSU wird ein Albtraum wahr“von Walter Roller. »Die Dritte Seite „Achtung, Frau Merkel!“– Rudi Wais über die Folgen der Wahl für die Kanzlerin. »Politik extra Michael Pohl: „Wie die AfD so erfolgreich wurde“– dazu Grafiken der Wählerwanderungen. Außerdem: Internationale Pressestimmen, warum auch Linke, Grüne, NPD und FDP enttäuscht sind, sowie die Frage, wie es in Schwerin jetzt weitergeht.