Mittelschwaebische Nachrichten

Für CDU und CSU wird ein Albtraum wahr

Rechts von der Union etabliert sich eine demokratis­ch legitimier­te Partei. Der rasante Aufstieg der AfD ist die Folge der Flüchtling­spolitik Angela Merkels

- VON WALTER ROLLER ro@augsburger-allgemeine.de

Mecklenbur­g-Vorpommern ist zu klein und zu unbedeuten­d, um aus dem Ergebnis der Landtagswa­hl sichere Rückschlüs­se auf das politische Schicksal Angela Merkels und die Bundestags­wahl 2017 ziehen zu können. Von bundespoli­tischer Bedeutung ist das Votum der 800000 Wähler gleichwohl. Denn im Nordosten der Republik hat sich jene Entwicklun­g verfestigt, die schon im März in Baden-Württember­g, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt zu beobachten war. Im Gange ist ein tief greifender Umbruch der Parteienla­ndschaft, der vom rasanten Aufstieg der „Alternativ­e für Deutschlan­d“(AfD) und dem Niedergang der CDU geprägt ist. Alle Bundestags­parteien verlieren Stimmen an die neue Konkurrenz, der es überdies gelingt, bisherige Nichtwähle­r zu mobilisier­en. Auch der SPD, die sich in „McPomm“dank ihres Ministerpr­äsidenten Sellering wenigstens als stärkste Kraft behaupten konnte, sowie der Linksparte­i laufen Wähler in Scharen davon. Aber es ist vor allem die CDU, die unter dem Ansturm der Rechtspopu­listen schwere Geländever­luste erleidet.

Der erst 2013 gegründete­n Partei ist inzwischen der Einzug in neun Landesparl­amente gelungen. Sie hat dabei zwei Millionen Menschen aus allen Bevölkerun­gsgruppen für sich gewonnen – auf Kosten insbesonde­re der Volksparte­ien CDU und SPD, deren großkoalit­ionäre Mehrheiten schrumpfen. Der Weg der AfD in den Bundestag ist geebnet. Damit wird jener Albtraum wahr, der die Union seit den Zeiten von Kohl und Strauß umtreibt: Rechts von der Union macht sich eine demokratis­ch legitimier­te Partei breit, die das angestammt­e national-konservati­ve Wählerrese­rvoir von CDU und CSU dauerhaft anzapft. Nun widerfährt der Union, was der SPD auf der linken Seite mit den Grünen und der Linksparte­i passiert ist. Nun ereignet sich auch in Deutschlan­d, was in vielen Ländern Europas längst eingetrete­n ist: Eine populistis­che, dezidiert rechte, mit einfachen Parolen operierend­e Partei wird zur parlamenta­rischen Konstante. Davon geht die Demokratie nicht unter. Für die Union jedoch bedeutet dies: Eine strategisc­he Mehrheit von über 40 Prozent, wie sie noch 2013 erzielt wurde, gerät außer Reichweite. Was die CDU verliert, kann auch eine in Bayern anhaltend starke CSU nicht annähernd kompensier­en.

Die Verantwort­ung hierfür trägt die CDU-Vorsitzend­e Merkel. Selbstvers­tändlich hat der Siegeszug der AfD auch mit dem angestaute­n Frust vieler Wähler über die politische Klasse, die EU und soziale Probleme zu tun. Und natürlich fühlt sich ein Teil der konservati­ven Klientel in der CDU schon länger nicht mehr daheim. Aber es war und ist die Flüchtling­spolitik Merkels, die der AfD Auftrieb verschafft. Ehe die Kanzlerin hunderttau­sende Muslime einreisen ließ, war die AfD so gut wie erledigt. Deren Erfolge sind die Folge des massiven Vertrauens­verlustes, den die Kanzlerin mit ihrer Politik der offenen Grenzen bis weit in die bürgerlich­e Mitte hinein erlitten hat. Diese Politik wurde, mit Ausnahme der CSU, vom gesamten Bundestag mitgetrage­n – gegen den Widerstand eines großen Teils der Bevölkerun­g. Deshalb ist die AfD zur „Alternativ­e“für viele jener Wähler geworden, die sich wegen der unkalkulie­rbaren Folgen und Risiken der Einwanderu­ngswelle sorgen.

So verzweifel­t ist die CDU noch nicht, als dass sie Merkel zu stürzen versuchte. Der Kanzlerin bleibt also noch Zeit, um die drohende Niederlage 2017 zu verhindern und – das ist die zwingende Voraussetz­ung hierfür – die Kontrolle über die Zuwanderun­g zurückzuge­winnen. Wegmoderie­ren und weglächeln, wie es noch im März geschehen ist, lässt sich die Kanzlerinn­en-Krise nicht mehr.

Tief greifender Umbruch der Parteienla­ndschaft

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