Mittelschwaebische Nachrichten
Außer Händeschütteln nichts gewesen?
Die mächtigsten Politiker der Welt beraten zwei Tage lang über Probleme und Krisen. Was die wichtigsten Akteure in China erreicht haben – und was nicht
Xi Jinping Die Bühne gehört allein dem chinesischen Staatschef – ebenso die riesige Leinwand im Pressezentrum, wohin die Bilder des Gipfels übertragen werden. Am Ende eine „Pressekonferenz“. Nur Xi redet, kritische Fragen von Journalisten sind nicht vorgesehen. Wie üblich. Hier schreibt Gastgeber China die Regeln. Und was ist mit den anderen 18 Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer? Sie werden von der Gipfelregie nur eingeblendet, wenn auch Xi mit dabei ist. Der Präsident verfolgte mit dem ersten G20-Gipfel in China vor allem ein Ziel: den Führungsanspruch in der Welt zu demonstrieren. Vom Außenseiter zum Hauptakteur, ja, sogar zum Kapitän. So feiert ihn nun auch die Propaganda.
Angela Merkel Für die Kanzlerin war dieser Gipfel nur bedingt ergiebig. Eines ihrer Hauptthemen, die Flüchtlingspolitik, findet in der Abschlusserklärung zwar Erwähnung – jedoch nur windelweich. Ohne Verbindlichkeit und Zielvorgaben ist diese Krise aber nicht zu lösen. Merkel persönlich hat es nun in der Hand, daran etwas zu ändern. Denn Deutschland übernimmt von China die G20-Präsidentschaft und richtet den Gipfel im Juli 2017 aus – kurz vor der Bundestagswahl. In dem jetzigen Gipfelkommuniqué wird bereits ein „Aktionsplan“angekündigt. Als Erfolg dürfte Merkel werten, dass sie mit zwei mächtigen Männern in Hangzhou den Gesprächsfaden wieder aufgenommen hat, mit denen sie nicht so gut auskommt (und umgekehrt): mit Russlands Staatschef Wladimir Putin und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. In beiden Fällen ging es darum, Eskalationen zu verhindern – mit Putin im UkraineKonflikt, mit Erdogan beim Zerwürfnis über die Völkermord-Resolution des Bundestags zu den Armeniern im Osmanischen Reich.
Barack Obama Der letzte Auftritt auf der ganz großen politischen Bühne. Der US-Präsident hatte dafür etwas mitgebracht: die Ratifizierungsurkunde für die Pariser UNKlimavereinbarung. Zusammen mit China traten die USA dem weitreichenden Abkommen bei. Obama äußerte sich euphorisch: „Eines Tages werden wir das hier als einen Moment sehen, in dem wir uns entschieden haben, unseren Planeten zu retten“, sagte er. Ob der Moment tatsächlich in die Geschichtsbücher gehört, hängt von der Umsetzung des Abkommens ab. Bei anderen Themen kam Obama nicht weiter. Seine Mahnung an China zur Zurückhaltung im Territorialstreit mit seinen Nachbarn zeigte keine Wirkung. Und vor allem ist eine weitere Chance verstrichen, im SyrienKonflikt den vom Bürgerkrieg gequälten Menschen zu helfen.
Wladimir Putin Für den Kremlchef war der Gipfel kein Erfolg. Der 63-Jährige kam müde von einer Wirtschaftskonferenz in Wladiwostok nach Hangzhou. Auch für ihn war der gescheiterte Einigungsversuch in der Syrien-Frage ein Dämpfer. Die USA konnten ihre Forderung zwar nicht durchsetzen, dass die russischen und syrischen Kampfjets Angriffe auf Zivilisten einstellen. Aber so bekam Putin auch nicht das Abkommen über ein gemeinsames Vorgehen in Syrien, mit dem Obama ihn als Partner auf Augenhöhe anerkannt hätte. Im Ukraine-Konflikt wollte Putin die westlichen Partner überzeugen, dass diese Druck auf Kiew aufbauen. Stattdessen forderten Merkel, Hollande und Obama Bewegung von ihm, wenn er ihre Sanktionen loswerden wolle. Erfreulich für den Kremlchef war sein Treffen mit Erdogan: Die über Monate gestörte Freundschaft scheint repariert.
Theresa May Die neue britische Premierministerin kehrt mit gemischten Gefühlen nach London heim. Die Frau, die nun das Votum der Briten zu vertreten hat, das Land aus der Europäischen Union zu führen, bekam die Kühle von EU-Granden und auch US-Präsident Barack Obama zu spüren. Solange die Briten noch in der EU sind, dürfen sie sich keine Extrawürste braten. In der Abschlusserklärung heißt es: „Der Ausgang des Referendums über die britische EUMitgliedschaft trägt zur Unsicherheit in der globalen Wirtschaft bei.“Und May gestand die Sorge ein, dass der britischen Wirtschaft schwierige Zeiten drohen. (dpa)