Mittelschwaebische Nachrichten
Hoffnungsträger a. D.?
Für Heiko Maas läuft es nicht rund. Wie der SPD-Minister gleich an zwei Fronten gleichzeitig unter Druck geraten ist
Augsburg Heiko Maas schickte sich an, mal wieder Akzente zu setzen. Am Mittwoch beschloss das Bundeskabinett, die gesetzliche Auskunftspflicht für Mütter möglicher „Kuckuckskinder“zu erweitern. Danach muss die Frau des gesetzlichen, sogenannten Scheinvaters auf Verlangen über den leiblichen Vater des Kindes Auskunft geben. Das Gesetz ist ein reguläres Kind des Justizministers, er hatte es auf den Weg gebracht. Doch nur zwei Tage später redete zwar jeder im politischen Berlin über Maas, aber kaum einer über „Kuckuckskinder“. Seitdem geht es darum, ob Maas vor dem Rechtsausschuss gelogen hat und ob er sich in das laufende Verfahren um das Model Gina-Lisa Lohfink eingemischt hat.
Es wird also ungemütlich für den Politiker von der Saar, dem von Zeitungen und Magazinen aller Couleur das Prädikat „Hoffnungsträger der SPD“zugebilligt worden war. Nun könnte man natürlich mit einer Portion Böswilligkeit hinzufügen, dass der Weg zum Hoffnungsträger bei den angeschlagenen Sozialdemokraten nicht allzu weit ist. Aber immerhin erarbeitete sich Maas durch seine eloquente und unaufgeregte Art der Amtsführung nicht nur in der SPD Respekt.
Jetzt aber bestimmen ganz andere Töne die Debatte: „Ein anständiger Minister müsste da zurücktreten“; diesen Satz soll kein geringerer als der Kabinettskollege und Finanzminister Wolfgang Schäuble nach Informationen des Focus während einer CDU-Präsidiumssitzung gesagt haben. Hintergrund: Maas hatte sich für ein härteres Sexualstrafrecht ausgesprochen. Und zwar während der Fall Lohfink vor Gericht verhandelt wurde. Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten schenkte den Vergewaltigungsvorwürfen Loh- finks gegen zwei Männer letztlich keinen Glauben. Im Gegenteil: Sie wurde zu 20000 Euro Strafe verurteilt, da sie gelogen habe. Doch die Frage, ob sich der Justizminister in ein laufendes Verfahren eingemischt hat, wird weiter diskutiert. Zwar verteidigte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley ihren Parteifreund: Maas habe sich zum Einzelfall Lohfink nie geäußert. Er habe sich schließlich über Monate für eine überfällige Reform des Sexualstrafrechts eingesetzt. Sicher ist aber auch: Gutes Timing sieht anders aus. Jetzt steht die Rücktrittsforderung von einem der beliebtesten deutschen Politiker im Raum – auch wenn Schäuble selber sie bisher nicht bestätigt hat.
Doch ein Problem kommt selten alleine. Unvermutet neue Brisanz erhielt ein Streit zwischen Maas’ Ministerium und dem später gefeuerten Generalbundesanwalt Harald Range, der vor einem Jahr aufkam. Dabei geht es um die Geheimnisverrat-Ermittlungen gegen den Blog Netzpolitik.org. Maas hatte im Rechtsausschuss bestritten, Range die Weisung erteilt zu haben, ein dazu in Auftrag gegebenes Gutachten zu stoppen. Der Spiegel berichtet nun, der dazu ermittelnden Berliner Staatsanwaltschaft liege ein Aktenvermerk eines Range-Mitarbeiters vor, der nahelege, dass Maas’ Darstellung nicht stimme. Kurz und knackig fragt sich das Magazin jetzt: „Ist dieser Mann ein Lügenminister?“Der Berliner Staatsanwaltschaft lag dazu tatsächlich eine Strafanzeige gegen Maas und seine damalige Staatssekretärin Stefanie Hubig vor. Die Ermittlungen wurden zwar eingestellt, doch ob Maas nun die Wahrheit gesagt hat oder nicht, wird kaum noch endgültig geklärt werden können. Es dürfte also etwas hängen bleiben.
Das ist für die SPD keine gute Nachricht. Denn die Partei braucht nichts dringender als einen Aktivposten im Kabinett. Diese Rolle in Zukunft zu spielen, könnte für Heiko Maas jetzt deutlich schwerer werden. (mit dpa)
Es wird ungemütlich für den 49-Jährigen von der Saar