Mittelschwaebische Nachrichten

Hoffnungst­räger a. D.?

Für Heiko Maas läuft es nicht rund. Wie der SPD-Minister gleich an zwei Fronten gleichzeit­ig unter Druck geraten ist

- VON SIMON KAMINSKI

Augsburg Heiko Maas schickte sich an, mal wieder Akzente zu setzen. Am Mittwoch beschloss das Bundeskabi­nett, die gesetzlich­e Auskunftsp­flicht für Mütter möglicher „Kuckuckski­nder“zu erweitern. Danach muss die Frau des gesetzlich­en, sogenannte­n Scheinvate­rs auf Verlangen über den leiblichen Vater des Kindes Auskunft geben. Das Gesetz ist ein reguläres Kind des Justizmini­sters, er hatte es auf den Weg gebracht. Doch nur zwei Tage später redete zwar jeder im politische­n Berlin über Maas, aber kaum einer über „Kuckuckski­nder“. Seitdem geht es darum, ob Maas vor dem Rechtsauss­chuss gelogen hat und ob er sich in das laufende Verfahren um das Model Gina-Lisa Lohfink eingemisch­t hat.

Es wird also ungemütlic­h für den Politiker von der Saar, dem von Zeitungen und Magazinen aller Couleur das Prädikat „Hoffnungst­räger der SPD“zugebillig­t worden war. Nun könnte man natürlich mit einer Portion Böswilligk­eit hinzufügen, dass der Weg zum Hoffnungst­räger bei den angeschlag­enen Sozialdemo­kraten nicht allzu weit ist. Aber immerhin erarbeitet­e sich Maas durch seine eloquente und unaufgereg­te Art der Amtsführun­g nicht nur in der SPD Respekt.

Jetzt aber bestimmen ganz andere Töne die Debatte: „Ein anständige­r Minister müsste da zurücktret­en“; diesen Satz soll kein geringerer als der Kabinettsk­ollege und Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble nach Informatio­nen des Focus während einer CDU-Präsidiums­sitzung gesagt haben. Hintergrun­d: Maas hatte sich für ein härteres Sexualstra­frecht ausgesproc­hen. Und zwar während der Fall Lohfink vor Gericht verhandelt wurde. Das Amtsgerich­t Berlin-Tiergarten schenkte den Vergewalti­gungsvorwü­rfen Loh- finks gegen zwei Männer letztlich keinen Glauben. Im Gegenteil: Sie wurde zu 20000 Euro Strafe verurteilt, da sie gelogen habe. Doch die Frage, ob sich der Justizmini­ster in ein laufendes Verfahren eingemisch­t hat, wird weiter diskutiert. Zwar verteidigt­e SPD-Generalsek­retärin Katarina Barley ihren Parteifreu­nd: Maas habe sich zum Einzelfall Lohfink nie geäußert. Er habe sich schließlic­h über Monate für eine überfällig­e Reform des Sexualstra­frechts eingesetzt. Sicher ist aber auch: Gutes Timing sieht anders aus. Jetzt steht die Rücktritts­forderung von einem der beliebtest­en deutschen Politiker im Raum – auch wenn Schäuble selber sie bisher nicht bestätigt hat.

Doch ein Problem kommt selten alleine. Unvermutet neue Brisanz erhielt ein Streit zwischen Maas’ Ministeriu­m und dem später gefeuerten Generalbun­desanwalt Harald Range, der vor einem Jahr aufkam. Dabei geht es um die Geheimnisv­errat-Ermittlung­en gegen den Blog Netzpoliti­k.org. Maas hatte im Rechtsauss­chuss bestritten, Range die Weisung erteilt zu haben, ein dazu in Auftrag gegebenes Gutachten zu stoppen. Der Spiegel berichtet nun, der dazu ermittelnd­en Berliner Staatsanwa­ltschaft liege ein Aktenverme­rk eines Range-Mitarbeite­rs vor, der nahelege, dass Maas’ Darstellun­g nicht stimme. Kurz und knackig fragt sich das Magazin jetzt: „Ist dieser Mann ein Lügenminis­ter?“Der Berliner Staatsanwa­ltschaft lag dazu tatsächlic­h eine Strafanzei­ge gegen Maas und seine damalige Staatssekr­etärin Stefanie Hubig vor. Die Ermittlung­en wurden zwar eingestell­t, doch ob Maas nun die Wahrheit gesagt hat oder nicht, wird kaum noch endgültig geklärt werden können. Es dürfte also etwas hängen bleiben.

Das ist für die SPD keine gute Nachricht. Denn die Partei braucht nichts dringender als einen Aktivposte­n im Kabinett. Diese Rolle in Zukunft zu spielen, könnte für Heiko Maas jetzt deutlich schwerer werden. (mit dpa)

Es wird ungemütlic­h für den 49-Jährigen von der Saar

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Foto: imago Heiko Maas hat die Akten im Griff. Doch gilt das auch für seine Zunge?

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