Mittelschwaebische Nachrichten

Auch ohne Schutzräum­e auf Ernstfall vorbereite­t

Der Bund hat sein Konzept für den Zivilschut­z erneuert. Dabei sollen sich die Bürger stärker selbst einbringen. Aber auch der Staat und seine Behörden kümmern sich. Das zeigen diverse Beispiele im Landkreis

- VON CHRISTIAN KIRSTGES UND IDA KÖNIG

Es gibt so gut wie nichts mehr in unserem Alltag, das ohne Strom funktionie­rt. Computer, Telefon, Kühlschran­k und Licht – offensicht­lich. Doch auch tanken oder sich ins Handy- oder Festnetz einwählen sind die Dinge, die ohne elektrisch­e Energie nicht möglich sind. Dabei kann es bei starken Unwettern oder Hochwasser durchaus passieren, dass das Verteilern­etz über längere Zeit nicht funktionie­rt und wir uns zumindest eine gewisse Zeit lang selbst versorgen müssen. Roman Gepperth, beim Landratsam­t Günzburg für den Katastroph­enschutz zuständig, rät dazu, das derzeit viel diskutiert­e Zivilschut­zkonzept nicht mit Panikmache in Verbindung zu bringen. Es gehe um eine gewisse Eigenveran­twortung und darum, etwas Vorsorge zu betreiben. „Als Bürger darf man sich nicht immer auf den Staat verlassen“, sagt er. Zumindest ein bis zwei Tage lang sollten sich Haushalte seiner Einschätzu­ng nach selbst durchbring­en können. „Ich denke, dass Deutschlan­d so leistungsf­ähig ist, dass spätestens dann wieder eine Grundverso­rgung gegeben ist.“

In der Nachkriegs­zeit und im Kalten Krieg bis zur deutschen Wiedervere­inigung sei das Thema Vorsorge für Engpässe und Krisen noch eher im Alltag präsent gewesen, meint Gepperth. „Wir sind inzwischen sehr verwöhnt und sind es nicht gewohnt, auch nur für kurze Zeit mit Einschränk­ungen zu leben.“Die Heftchen mit der Anleitung zum richtigen Verhalten in Katastroph­enfällen sind dabei keinesfall­s neu – Gepperth kennt sie selbst noch aus den 1990er-Jahren, viele Menschen können sich noch an die Rückseite in Telefonbüc­hern erinnern, wo die Anleitung bis in die 1980er-Jahre abgedruckt war.

Öffentlich­e Einrichtun­gen im Landkreis seien auf Stromausfä­lle ohnehin vorbereite­t. Alle Gebäude, die zur Grundverso­rgung benötigt werden, können einige Zeit mit Notstrom überbrücke­n. Außerdem besitzt der Landkreis eine Liste, auf der alle Notstromag­gregate verzeichne­t sind. Der Katastroph­enschutz sei auf viele mögliche Einsätze vorbereite­t und habe entspreche­nde Konzepte in der Schublade, erklärt Gepperth. „Ich hoffe aber, dass ich sie nie benutzen muss.“

Im Kalten Krieg wurden auch beinahe flächendec­kend Schutzbunk­er gebaut, die nie gebraucht wurden. An vielen Orten gibt es sie noch, doch Gepperth geht nicht davon aus, dass sie wieder in Betrieb genommen werden könnten. Das ist auch die Linie der Bundesregi­erung. Denn so wie es damals Förderunge­n für den Bau der Anlagen gab, wird inzwischen der Rückbau unterstütz­t. In Günzburg wurde der Bunker in der Tiefgarage am Forum bereits während der Sanierung der Anlage zurückgeba­ut, und auch unter dem Krankenhau­s gab es einen Schutzraum, der heute als Lager für Akten der Klinik und des Landratsam­tes dient. Im Landkreis existierte­n nach Auskunft des Bundesamts für Bevölkerun­gsschutz und Katastroph­enhilfe einmal insgesamt 14 öffentlich­e Schutzräum­e. Sieben davon sind bereits aus der „Zivilschut­zbindung“entlassen worden.

In Günzburg (Schützenst­raße 13), Haldenwang (Hauptstraß­e 28), Jettingen-Scheppach (Christophv­on-Schmid-Straße 4), Kötz (Zum Hungerberg 1), Landensber­g (Kirchweg 2), Röfingen (Hühleweg 6) und Wettenhaus­en (Dossenberg­er Straße 46) werden zwar noch Schutzräum­e formal für den Zivilschut­z vorgehalte­n und dürfen da- her nicht verändert werden. Allerdings seien sie nicht einsatzber­eit. Sukzessive sollen die Eigentümer sie wieder zu eigenen Zwecken nutzen können, erklärt das Bundesamt. Das flächendec­kende Schutzraum­konzept wurde bereits 2006 aufgegeben, die Anlagen werden nicht mehr funktionsf­ähig gehalten. „Es gibt keine einsatzber­eiten öffentlich­en Schutzräum­e in Deutschlan­d“, erklärt das Amt. „Ausgehend von einem Schadensze­nario ohne Vorwarnzei­t könnten die Schutzräum­e der Bevölkerun­g keinen Schutz bieten. Neue Räume sind auch nach der neuen Konzeption Zivile Verteidigu­ng nicht vorgesehen.“

Betriebsbe­reit gehalten werden im Landkreis hingegen 15 Trinkwasse­rnotbrunne­n, die unabhängig von der regulären Leitungsve­rsorgung funktionie­ren. Ein durchschni­ttlicher Brunnen dieser Art liefere 6000 Liter pro Stunde, bei einem Betrieb von 15 Stunden am Tag können so täglich knapp 6000 Einwohner versorgt werden. Die Bevölkerun­g würde bei Bedarf über die Standorte informiert, wo die Einsatzkrä­fte das Wasser zapfen. Die Bürger könnten es dann mit Eimern und Kanistern abholen. Die Anlagen seien vor Verunreini­gungen oder Zerstörung­en „weitgehend geschützt“und werden mindestens einmal im Jahr in Betrieb genommen. Die Pumpen werden alle fünf Jahre getestet. Das Amt betont aber, dass die Menschen auch selbst vorsorgen sollten. Ob es im Landkreis auch eines von bundesweit 150 Depots mit Nahrungsvo­rräten gibt, will das zuständige Bundesmini­sterium für Ernährung und Landwirtsc­haft übrigens nicht sagen. Details würden grundsätzl­ich nicht veröffentl­icht. Ein Notfalllag­er für Kraftstoff­e gebe es im Kreis jedenfalls nicht, erklärt das Bundesmini­sterium für Wirtschaft und Energie. Zumindest sei nichts bekannt. Auch Roman Gepperth kennt keines.

Im Landkreis gibt es auch mehrere Fahrzeuge für den Zivil- und Katastroph­enschutz, die der Bund angeschaff­t hat. Es sind insgesamt sieben an den Standorten Günzburg, Krumbach, Ichenhause­n und Jettingen-Scheppach bei Feuerwehr und Rotem Kreuz. Das älteste wurde 1988 zugelassen, das neueste 2014. Und ein System, das es ebenfalls bereits seit Jahrzehnte­n gibt, ist weiterhin einsatzfäh­ig. Im ganzen Landkreis gibt es Sirenen, die auch das Alarmsigna­l zur Warnung der Bevölkerun­g absetzen können. Nicht überall in Deutschlan­d können sie noch genutzt werden, im Landkreis Günzburg funktionie­ren sie nach wie vor, was auch mit dem Atomkraftw­erk in Gundremmin­gen zusammenhä­ngt. Die Sirenen rufen die Menschen dazu auf, das Radio einzuschal­ten und sich dort zu informiere­n. Doch auch das gehe unter Umständen nur dann, wenn es im Haushalt noch ein Radio gebe, das ohne Strom und ohne Internet funktionie­re, bemerkt Gepperth.

Vorsorge Weitere Informatio­nen zum Warnsystem und auch ein Hörbeispie­l der Sirene gibt es auf der Internetse­ite des Landkreise­s unter der Adresse www.landkreis-guenzburg.de. Die Checkliste, auf der wichtige Lebensmitt­el und weitere Vorräte aufgeliste­t sind, kann auf der Homepage des Bundesamts für Bevölkerun­gsschutz und Katastroph­enschutz unter der Adresse www.bbk.bund.de herunterge­laden werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany