Mittelschwaebische Nachrichten
Auch ohne Schutzräume auf Ernstfall vorbereitet
Der Bund hat sein Konzept für den Zivilschutz erneuert. Dabei sollen sich die Bürger stärker selbst einbringen. Aber auch der Staat und seine Behörden kümmern sich. Das zeigen diverse Beispiele im Landkreis
Es gibt so gut wie nichts mehr in unserem Alltag, das ohne Strom funktioniert. Computer, Telefon, Kühlschrank und Licht – offensichtlich. Doch auch tanken oder sich ins Handy- oder Festnetz einwählen sind die Dinge, die ohne elektrische Energie nicht möglich sind. Dabei kann es bei starken Unwettern oder Hochwasser durchaus passieren, dass das Verteilernetz über längere Zeit nicht funktioniert und wir uns zumindest eine gewisse Zeit lang selbst versorgen müssen. Roman Gepperth, beim Landratsamt Günzburg für den Katastrophenschutz zuständig, rät dazu, das derzeit viel diskutierte Zivilschutzkonzept nicht mit Panikmache in Verbindung zu bringen. Es gehe um eine gewisse Eigenverantwortung und darum, etwas Vorsorge zu betreiben. „Als Bürger darf man sich nicht immer auf den Staat verlassen“, sagt er. Zumindest ein bis zwei Tage lang sollten sich Haushalte seiner Einschätzung nach selbst durchbringen können. „Ich denke, dass Deutschland so leistungsfähig ist, dass spätestens dann wieder eine Grundversorgung gegeben ist.“
In der Nachkriegszeit und im Kalten Krieg bis zur deutschen Wiedervereinigung sei das Thema Vorsorge für Engpässe und Krisen noch eher im Alltag präsent gewesen, meint Gepperth. „Wir sind inzwischen sehr verwöhnt und sind es nicht gewohnt, auch nur für kurze Zeit mit Einschränkungen zu leben.“Die Heftchen mit der Anleitung zum richtigen Verhalten in Katastrophenfällen sind dabei keinesfalls neu – Gepperth kennt sie selbst noch aus den 1990er-Jahren, viele Menschen können sich noch an die Rückseite in Telefonbüchern erinnern, wo die Anleitung bis in die 1980er-Jahre abgedruckt war.
Öffentliche Einrichtungen im Landkreis seien auf Stromausfälle ohnehin vorbereitet. Alle Gebäude, die zur Grundversorgung benötigt werden, können einige Zeit mit Notstrom überbrücken. Außerdem besitzt der Landkreis eine Liste, auf der alle Notstromaggregate verzeichnet sind. Der Katastrophenschutz sei auf viele mögliche Einsätze vorbereitet und habe entsprechende Konzepte in der Schublade, erklärt Gepperth. „Ich hoffe aber, dass ich sie nie benutzen muss.“
Im Kalten Krieg wurden auch beinahe flächendeckend Schutzbunker gebaut, die nie gebraucht wurden. An vielen Orten gibt es sie noch, doch Gepperth geht nicht davon aus, dass sie wieder in Betrieb genommen werden könnten. Das ist auch die Linie der Bundesregierung. Denn so wie es damals Förderungen für den Bau der Anlagen gab, wird inzwischen der Rückbau unterstützt. In Günzburg wurde der Bunker in der Tiefgarage am Forum bereits während der Sanierung der Anlage zurückgebaut, und auch unter dem Krankenhaus gab es einen Schutzraum, der heute als Lager für Akten der Klinik und des Landratsamtes dient. Im Landkreis existierten nach Auskunft des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe einmal insgesamt 14 öffentliche Schutzräume. Sieben davon sind bereits aus der „Zivilschutzbindung“entlassen worden.
In Günzburg (Schützenstraße 13), Haldenwang (Hauptstraße 28), Jettingen-Scheppach (Christophvon-Schmid-Straße 4), Kötz (Zum Hungerberg 1), Landensberg (Kirchweg 2), Röfingen (Hühleweg 6) und Wettenhausen (Dossenberger Straße 46) werden zwar noch Schutzräume formal für den Zivilschutz vorgehalten und dürfen da- her nicht verändert werden. Allerdings seien sie nicht einsatzbereit. Sukzessive sollen die Eigentümer sie wieder zu eigenen Zwecken nutzen können, erklärt das Bundesamt. Das flächendeckende Schutzraumkonzept wurde bereits 2006 aufgegeben, die Anlagen werden nicht mehr funktionsfähig gehalten. „Es gibt keine einsatzbereiten öffentlichen Schutzräume in Deutschland“, erklärt das Amt. „Ausgehend von einem Schadenszenario ohne Vorwarnzeit könnten die Schutzräume der Bevölkerung keinen Schutz bieten. Neue Räume sind auch nach der neuen Konzeption Zivile Verteidigung nicht vorgesehen.“
Betriebsbereit gehalten werden im Landkreis hingegen 15 Trinkwassernotbrunnen, die unabhängig von der regulären Leitungsversorgung funktionieren. Ein durchschnittlicher Brunnen dieser Art liefere 6000 Liter pro Stunde, bei einem Betrieb von 15 Stunden am Tag können so täglich knapp 6000 Einwohner versorgt werden. Die Bevölkerung würde bei Bedarf über die Standorte informiert, wo die Einsatzkräfte das Wasser zapfen. Die Bürger könnten es dann mit Eimern und Kanistern abholen. Die Anlagen seien vor Verunreinigungen oder Zerstörungen „weitgehend geschützt“und werden mindestens einmal im Jahr in Betrieb genommen. Die Pumpen werden alle fünf Jahre getestet. Das Amt betont aber, dass die Menschen auch selbst vorsorgen sollten. Ob es im Landkreis auch eines von bundesweit 150 Depots mit Nahrungsvorräten gibt, will das zuständige Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft übrigens nicht sagen. Details würden grundsätzlich nicht veröffentlicht. Ein Notfalllager für Kraftstoffe gebe es im Kreis jedenfalls nicht, erklärt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Zumindest sei nichts bekannt. Auch Roman Gepperth kennt keines.
Im Landkreis gibt es auch mehrere Fahrzeuge für den Zivil- und Katastrophenschutz, die der Bund angeschafft hat. Es sind insgesamt sieben an den Standorten Günzburg, Krumbach, Ichenhausen und Jettingen-Scheppach bei Feuerwehr und Rotem Kreuz. Das älteste wurde 1988 zugelassen, das neueste 2014. Und ein System, das es ebenfalls bereits seit Jahrzehnten gibt, ist weiterhin einsatzfähig. Im ganzen Landkreis gibt es Sirenen, die auch das Alarmsignal zur Warnung der Bevölkerung absetzen können. Nicht überall in Deutschland können sie noch genutzt werden, im Landkreis Günzburg funktionieren sie nach wie vor, was auch mit dem Atomkraftwerk in Gundremmingen zusammenhängt. Die Sirenen rufen die Menschen dazu auf, das Radio einzuschalten und sich dort zu informieren. Doch auch das gehe unter Umständen nur dann, wenn es im Haushalt noch ein Radio gebe, das ohne Strom und ohne Internet funktioniere, bemerkt Gepperth.
Vorsorge Weitere Informationen zum Warnsystem und auch ein Hörbeispiel der Sirene gibt es auf der Internetseite des Landkreises unter der Adresse www.landkreis-guenzburg.de. Die Checkliste, auf der wichtige Lebensmittel und weitere Vorräte aufgelistet sind, kann auf der Homepage des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenschutz unter der Adresse www.bbk.bund.de heruntergeladen werden.