Mittelschwaebische Nachrichten
Steuer-Vermeider wie Apple sind unbelehrbar
Mit Forderungen nach Milliarden-Rückzahlungen will Brüssel den Konzern zur Räson bringen. Das beeindruckt Unternehmens-Chef Cook kaum
Wenn wir so viel Energie und Kreativität in die Verbesserung der Welt stecken würden wie in das Vermeiden von Steuern, wäre die Menschheit in einer besseren Verfassung. Es gäbe sicher weniger Hunger und die Umwelt wäre sauberer. Doch der Mensch ist, wie er eben ist. Daher beschäftigen sich gerade die Manager großer Konzerne immer noch intensiver mit verharmlosend Steueroptimierung genannten Künsten als mit Humanismus.
Als Lohn locken für Führungsleute üppige Boni-Zahlungen und das Wohlwollen renditeorientierter Anleger. Gerade bei Aktiengesellschaften wie Apple wird besonders schamlos jede Chance ausgenutzt, möglichst wenig Steuern zu zahlen. Ausgerechnet die Lenker eines der wertvollsten Unternehmen aller Zeiten kriegen den Hals nicht voll. Allein in den drei Monaten des letzten Weihnachtsgeschäfts hat der amerikanische Krösus mit iPads und iPhones einen Gewinn von unglaublichen 18,4 Milliarden Dollar erzielt – ein Rekord. Wer dank genialer Produkte vom Schicksal begünstigt ist, sollte die Gesellschaft in Form von Steuern angemessen am Erfolg teilhaben lassen. Doch die Menge der Egoisten übersteigt bekanntlich die der Idealisten.
Der Fall Apple offenbart eine besonders krasse Form gesteigerter Eigennützigkeit: Denn die in Irland sitzenden Konzern-Töchter haben nach Erkenntnissen der EU-Kommission 2011 nur einen effektiven Körperschaftsteuersatz von 0,05 Prozent bezahlt. 2014 sank der Wert – und das ist kein Druckfehler – sogar auf 0,005 Prozent. Um es in der Sprache des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer zu sagen: Das sind Micky-MausWerte. Der ertappte Ober-Steuerschlawiner Tim Cook müsste vor Scham im Boden versinken. Doch der Apple-Chef lässt die europäische Konzern-Community scheinheilig wissen, der US-Riese sei als verantwortungsvolles Unternehmen stolz auf seinen Beitrag zu lokalen Volkswirtschaften in Europa. Um die Sache noch unerträglicher zu machen, behauptet der Manager gar, Apple befürworte eine internationale Steuerreform mit dem Ziel von Einfachheit und Klarheit.
Warum zahlt der Konzern dann nicht einfach – wie es gute Bürger tun – ausreichend Steuern? Die Antwort ist simpel und ärgerlich:Irland hat Apple mit Witz-Steuersätzen ins Land gelockt. Deshalb garantieren die Amerikaner auf der Insel nahezu 6000 Arbeitsplätze. Steuerpolitik wird hier in Form unzulässiger Beihilfen als Instrument der Wirtschaftspolitik genutzt.
In der Folge fordert Brüssel Apple zu Recht auf, an Irland bis zu 13 Milliarden Euro plus Zinsen zurückzuzahlen. Das Land will das Geld aber partout nicht, um sich die Gunst des US-Konzerns zu erhalten. Am Ende entscheidet der Europäische Gerichtshof, ob Apple die Milliarden überweisen muss. Derzeit scheinen die Chancen gut zu sein, dass Brüssel den Streit gewinnt. Das würde die Position der EU gegenüber Steuer-Minimierern stärken. Dann hätte die Kommission ein schärferes Schwert in der Hand, um Sündern zumindest mal kräftig eins auszuwischen.
Letztlich helfen aber nur einheitlichere Unternehmenssteuersätze in Europa, um die Apples der Welt zu sozialeren Wesen zu erziehen. Die Aussichten auf eine solche Reform gelten aber als schlecht, zu unterschiedlich sind die Interessen der 28 EU-Mitgliedstaaten.
Am Ende gilt die traurige Einsicht, dass es ein Bäcker schwer hat, weniger Abgaben zu zahlen, während Konzerne dank ihrer Experten jedes Steuerflucht-Mauseloch aufspüren. Der Bankier Mayer Amschel Rothschild hat das Phänomen so beschrieben: „Die Unkenntnis der Steuergesetze befreit nicht von der Pflicht zum Steuerzahlen. Die Kenntnis aber häufig.“
Die Konzerne spüren jedes Mauseloch auf