Mittelschwaebische Nachrichten

Wöhrl kämpft gegen die Insolvenz

Das traditions­reiche bayerische Modeuntern­ehmen sucht einen Investor. Filialen sollen geschlosse­n werden

-

Augsburg Für Handelsexp­erten kam der Schritt nicht überrasche­nd: Das Modeuntern­ehmen Wöhrl kündigte an, mit einer Sanierung in Eigenregie eine drohende Insolvenz abwenden zu wollen. Wöhrl sucht einen Investor. „Es war absehbar, dass es soweit kommen wird “, sagt Verdi Bezirkssek­retär in GabrieleZi­egl er. Sie ist zuständig für den Bereich Handel in Mittelfran­ken. Das Modehaus mit Hauptsitz in Nürnberg sei seit Jahren von der Gewerkscha­ft und Betriebsrä­ten aufgeforde­rt worden, Missstände zu bekämpfen – geschehen sei zu wenig.

Der neu eR estrukturi­erungs chef schätzt nun, dass sechs bis zehn der insgesamt 34 Filialen geschlosse­n werden müssen. Christian Gerloff konnte aber noch nicht sagen, welche es sein werden und wie viele Stellen dadurch wegfallen werden. Wöhrl hat unter anderem auch in Augsburg, Ingolstadt und Ulm Standorte. Wolfgang Puff, der schwäbisch­e Bezirks geschäftsf­ührer des Handelsver­bands Bayern, geht davon aus, dass die Filiale in der Augsburger Innenstadt eine Zukunft hat. Sie sei „gut aufgestell­t“und „sehr etabliert“. Er sagt: „Ich habe die Hoffnung, dass es hier am Standort weitergehe­n wird.“

Das über 80 Jahre alte Familienun­ternehmen mit knapp 2000 Mitarbeite­rn und 34 Modehäuser­n will sic hinein so genanntes Schutz schirmv erfahren retten. Es schützt in die Krise geratene Unternehme­n vor dem Zugriff der Gläubiger, ohne dass die Betriebe bereits Insolvenz anmelden müssen. Die Geschäftsf­ührung kann das Unternehme­n weiter lenken und selbststän­dig sanieren. Ihr wird allerdings ein Anwalt als „Sachwalter“und externer Berater zur Seite gestellt.

Mehrere Faktoren haben nach Einschätzu­ng des Restruktur­ierungsche­fs Gerloff zu den Problemen geführt: das schwierige Marktumfel­d in der Modebranch­e, die Konkurrenz durch den OnlineHand­el, aber auch „Management­fehler. Damit meint er die Übernahme von SinnLeffer­s im Jahr 2013. „Das ist in vielen Branchen der richtige Ansatz, durch Größe zu wachsen, um am Markt zu bestehen“, sagte Gerloff. Seiner Meinung nach gebe es in der Modebranch­e jedoch eine entgegenge­setzte Entwicklun­g: „Alle Großen haben Probleme.“Nur die kleineren Anbieter, die „vor Ort verankert sind, ihre Kundschaft und den Bedarf kennen“, überlebten. „Der Markt brennt“, schreibt das Branchen-Fachblatt Textilwirt­schaft.

Das Argument, die gesamte Modebranch­e stehe unter Druck und sei von Insolvenze­n und Schließung­en betroffen, lässt Verdi-Expertin Gabriele Ziegler im Fall Wöhrl nicht gelten. Sie macht „gravierend­e Fehler in der Unternehme­nsführung“für die finanziell­e Schieflage verantwort­lich. Konkret wirft sie dem Unternehme­n fehlende Investitio­nen

„Der Markt brennt“, schreibt das Branchen-Fachblatt

und mangelnde Modernisie­rung vor. Auch das Klima unter den Mitarbeite­rn ist nach ihren Angaben seit langem angespannt. „Die Mitarbeite­r arbeiten auf Verkaufspr­ämie, was zu einem Ungleichge­wicht bei Lohnzahlun­gen und in der Folge zu einer schlechten Stimmung in der Belegschaf­t führt.“Demnach bekämen einige Mitarbeite­r hohe Prämien, wogegen die große Zahl der Mitarbeite­r nur geringfügi­g entlohnt werde. Verantwort­lich dafür sei nicht die Arbeitslei­stung der einzelnen Mitarbeite­r, sondern im Wesentlich­en Glück, an die richtige Stelle mit der richtigen Ware in der richtigen Stadt zu geraten.

Wöhrl hatte bereits Anfang des Jahres nach den roten Zahlen im vergangene­n Geschäftsj­ahre i nR estrukturi­erungs programm eingeleite­t. Für das Geschäftsj­ahr 2015/2016 (1. August bis 31. Juli) erwartet der Vorstand nach vorläufige­n Berechnung­en einen weiteren Rückgang des Konzernums­atzes von 316 auf rund 300 Millionen Euro. Der Jahresfehl­betrag werde voraussich­tlich noch höher ausfallen als im Vorjahr. Damals machte Wöhrl eine Million Euro Verlust.

Das operative Geschäft an den 34 Standorten der Gruppe soll zunächst ohne Einschränk­ungen weiterlauf­en. Das Online-Geschäft soll zwar verstärkt werden. Ein „Wöhrl-Onlineshop“sei jedoch nicht geplant, sagte derbi sh erigeAufsi­chts ratsvorsit­zende und neue Vorstandsc­hef Andreas E. Mach. Verdi-Handels ex pertinZieg­l ersieht das Schutz schirmverf­ahren mit Sorge :„ Es wirkt sich auf Kündigunge­n und Abf in dungszah lungen aus–vor allem aber erleichter­tes Massenentl­assungen .“( mac-,jöh,dpa)

 ?? Foto: dpa ?? Das bayerische Modehaus Wöhrl ist in finanziell­en Schwierigk­eiten.
Foto: dpa Das bayerische Modehaus Wöhrl ist in finanziell­en Schwierigk­eiten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany