Mittelschwaebische Nachrichten
Ein Dorf hält zusammen
In der Ostallgäuer Gemeinde Lamerdingen bauen die Bürger einen Mehrzweck-Stadel auf. Und im Ortsteil Kleinkitzighofen gründen sie einen Verein, um Gastronomisches bieten zu können
Lamerdingen Der Wandel in der Landwirtschaft, die steigenden Ansprüche an die Infrastruktur sowie deren Schaffung und Unterhalt machen den ländlichen Kommunen zu schaffen. Daran hat auch die Ostallgäuer Gemeinde Lamerdingen zu knabbern. Doch dort tut sich Ungewöhnliches: Gleich zwei Vereine entstanden heuer und nehmen die Geschicke im Dorf selbst in die Hand: Die Mitglieder des Fördervereins „Stadel der Vereine“in Lamerdingen bauten einen alten Stadel ab und richten ihn derzeit am Dorfhaus wieder auf. Zudem betreibt der Verein „Bürgerhaus Kleinkitzighofen“im gleichnamigen Ortsteil das Bürgerhaus, nachdem dort das letzte Gasthaus geschlossen hatte. „So ein Engagement ist nicht üblich“, lobt deshalb Zweiter Bürgermeister Georg Weiß.
Am nördlichen Ortsausgang von Lamerdingen liegen Dorfhaus, Kirche, Feuerwehrhaus, Jugend- und Proberaum der Musiker. Dahinter auf einer grünen Wiese hinter schattigen Bäumen arbeiten derzeit unter der Ägide des Musikvereins, der Freiwilligen Feuerwehr sowie der Landjugend die Lamerdinger an ihrem Stadel. Das ursprüngliche Gebäude stand an der B17 und wurde von der Straßenmeisterei als Salzlaein ger genutzt, erzählt Alexander Herz. Der 33-Jährige ist sowohl bei der Musik als auch bei der Feuerwehr im Vorstand und Schriftführer des Fördervereins. „Damit es nicht langweilig wird.“
Da die alte Halle abgebaut und entsorgt werden sollte, meldeten die Vereine aus Lamerdingen ihr Interesse an – sie wollten das Gebäude demontieren und als Vereinsstadel wieder aufbauen. „Dadurch haben wir einen Lagerplatz für unsere Utensilien und einen Platz für die Jugend“, meint Herz.
Die Gemeinde hatte nichts dagegen – im Gegenteil, berichtet Weiß: „Wir haben ein Interesse daran, dass ein Vereinsleben in der Gemeinde stattfindet. Als deshalb die Vereine an uns herantraten, sagten wir unsere Unterstützung zu.“Im Frühjahr 2015 wurde der Stadel abgebaut, nach Lamerdingen gebracht und im darauffolgenden Frühjahr das neue Fundament gebaut, berichtet Michael Niederreiner von der Landjugend. Da der 23-Jährige nicht nur stellvertretender Vorsitzender des Fördervereins und der Feuerwehr ist, sondern auch noch Zimmermann von Beruf, war er von Anfang an dabei. In den Folgemonaten wurde die Halle auf das Fundament gestellt, dabei halfen vor allem Musiker, Feuerwehrleute und die Landjugend. Alle übrigen Vereine seien ebenfalls beteiligt gewesen. „Auch Großteil der Bevölkerung unterstützt den Stadel“, erzählt Niederreiner. Zudem halfen örtliche Firmen mit Material und Gerät, ergänzt Herz. Dazu kamen 15 000 Euro von der Gemeinde sowie je 5000 Euro von der Feuerwehr und der Musik.
„Alle halten zusammen“, meint deshalb Karola Schenk vom Musikverein. Sie bewarb sich mit dem Motto beim Bayerischen Rundfunk für eine Grillparty, die der Sender heuer mehrfach vergab, für die Helfer. So kam es, dass das Bayern 3-Team mit Moderator Bernhard Fleischmann anrückte und in dem provisorischen Stadel Mitte Juni eine Grillparty für 100 Leute ausrichtete. „Das war eine schöne Belohnung für die Helfer“, sagt Bürgermeister Weiß. „Aber es gibt bei uns in jedem Verein Leute, die sich engagieren“, fügt er an.
Wohl auch mit Blick auf den Ortsteil Kleinkitzighofen. Dort machte voriges Jahr im Bürgerhaus ein Café zu – das letzte Gasthaus am Ort. Das aber wollten die Einwohner nicht hinnehmen: Sie gründeten heuer einen Betreiberverein für das Bürgerhaus. Nutzen können es nun die örtlichen Vereine. Zudem finden dort Frühschoppen statt. Das Gasthaus kann auch für private Veranstaltungen gemietet werden. Auch dieses Projekt förderte die Gemeinde. „Wenn wir sehen, wie viel Zeit die Vereinsmitglieder in ihre Arbeit stecken, müssen wir das honorieren. Es liegt ja im Interesse der Gemeinde“, erklärt Weiß.