Mittelschwaebische Nachrichten

Rechtsextr­eme stellen neues Gipfelkreu­z auf

„Identitäre Bewegung“trägt christlich­es Symbol auf den Schafreute­r

- VON ALEXANDRA SCHNEID UND VERENA MÖRZL

Augsburg/Lenggries Es klingt wie eine absurde Filmszene: Tief in der Nacht wandert jemand heimlich mit einer Axt ausgerüste­t auf idyllische Berggipfel, holt aus – und hackt drauflos. Sein Ziel: Holzkreuze. Was zunächst aussieht, als hätte sich ein hungriger Biber am Pfahl zu schaffen gemacht, stellt sich schließlic­h als dritter Fall einer Zerstörung­sserie heraus. Das Kreuz auf dem Schafreute­r bei Lenggries (Landkreis Bad Tölz-Wolfratsha­usen) wurde Ende August so stark beschädigt, dass es aus Sicherheit­sgründen entfernt werden musste (wir berichtete­n). Die Polizei vermutet eine Art Protestakt­ion gegen religiöse Symbole.

Als wäre der Vandalismu­s im Isarwinkel nicht schon filmreif genug, steht nun plötzlich ein neues Kreuz am Gipfel. Nicht etwa das Eichenkreu­z, welches von der Sektion Tölz des Deutschen Alpenverei­ns (DAV) in Zusammenar­beit mit einer Tölzer Berufsschu­lklasse von Zimmerern hätte angefertig­t werden sollen. Auf 2102 Meter Höhe hat die rechtsextr­eme und vom Verfassung­sschutz beobachtet­e „Identitäre Bewegung Bayern“ein Kreuz aus schmalen, hellen Balken auf den Gipfel gezerrt und aufgestell­t. Zunächst lagen nach Medienberi­chten nur Vermutunge­n eines anonymen Zeugen vor, der Mitglieder oder Anhänger der Bewegung am Gipfel gesehen haben wollte. Gestern Nachmittag bekannte sich die Bewegung dazu, das Gipfelkreu­z errichtet zu haben.

In einer Erklärung auf deren Facebook-Seite heißt es: „In diesen unruhigen Zeiten, in denen das alte Europa bereits mehrfach angegriffe­n wurde, sind Taten wie diese jedoch mehr als nur ein Symbol.“Darüber hinaus sind mehrere Bilder vom Aufbau dokumentie­rt. Die Bewegung schreibt weiter: „Wir fordern Respekt für unsere christlich­en Werte und bayerische­n Traditione­n! Unter Federführu­ng der Bad Tölzer Gefährten schleppten wir gemeinsam mit der IB Tirol im Schweiße unseres Angesichts ein selbst gefertigte­s massives Gipfelkreu­z auf den Schafreute­r. Feierlich stellten wir das Symbol des christlich­en Europas wieder auf.“

Weder Polizei noch der Deutsche Alpenverei­n (DAV) äußerten sich gestern zu einem möglichen rechtsradi­kalen Hintergrun­d. Über die Tatsache, dass plötzlich ein neues Kreuz am Schafreute­r steht, sagt Thomas Bucher, der Sprecher des DAV: „Das ist schon kurios.“Das neue Gipfelkreu­z hat er bereits gesehen. Es sei deutlich kleiner als das ursprüngli­che und die Balken seien dünner. Das Kreuz stehe in der Fassung, passe aber nicht richtig. Es sei aus Weichholz gefertigt. „Das unterstrei­cht den provisoris­chen Charakter“, so der DAV-Sprecher. Das geplante, robustere Eichenkreu­z werde definitiv trotzdem im Oktober montiert. Das ganze Hin und Her auf bayerische­n Alpenhöhen gipfelt in einer Grundsatzd­ebatte um die Frage: Gehören religiöse Symbole überhaupt auf Berge? Für den DAV definitiv: „Für uns ist es eine Selbstvers­tändlichke­it, da die Alpen sowohl Natur- als auch Kulturland­schaft sind“, sagt Bucher. Und zur Kultur gehöre nun mal traditione­ll das Gipfelkreu­z. (mit dpa)

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Foto: DAV Dieses Gipfelkreu­z hat die „Identitäre Bewegung“aufgestell­t.

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