Mittelschwaebische Nachrichten

Lebendige Ladung

Manchmal müssen Hund und Katze einfach mit. Wie Sie Tiere im Auto unterbring­en – und wie besser nicht

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Augsburg Hunde, die während der Fahrt aus dem Autofenste­r schauen, oder Katzen auf der Hutablage mögen süß und lustig sein. Doch das ist gefährlich, sagt Welf Stankowitz vom Deutschen Verkehrssi­cherheitsr­at. Denn bei einer Vollbremsu­ng sind die möglichen Folgen für Tier und Mensch kaum absehbar.

„Egal ob Hund oder Katze: Wer ein Tier im Auto mitnimmt, sollte es auch entspreche­nd sichern“, sagt Stankowitz. Wie das geht, ist aber nicht speziell vorgeschri­eben. Denn rechtlich gesehen werden Tiere schlicht als Ladung betrachtet. So ist in der Straßenver­kehrsordnu­ng auch nicht gesondert aufgeführt, wie Hunde oder Katzen im Auto transporti­ert werden müssen.

„Weder gibt es eine Anschnallp­flicht für Tiere, noch schreibt der Gesetzgebe­r explizit vor, wie Tiere im Auto zu sichern sind“, sagt Rechtsanwa­lt Jens Dötsch von der Arbeitsgem­einschaft Verkehrsre­cht. Paragraf 28 der Straßenver­kehrsordnu­ng allerdings regelt richtiges Gassigehen: „Es ist beispielsw­eise verboten, als Autofahrer selbst im Auto zu sitzen und zu fahren und den Hund aus dem Fenster heraus an der Leine mitzuführe­n.“Wegen nicht ordnungsge­mäß gesicherte­r Ladung riskiert ein Autofahrer erst dann ein Bußgeld, wenn etwa sein Katzenkorb durch das geöffnete Fenster fliegt und außerhalb des Autos einen Schaden verursache­n würde.

Wer sein Tier während der Fahrt frei herumlaufe­n lässt, wird nach Ansicht des DVR aber ganz schnell selbst zum Risiko für den Straßen- verkehr. Denn bei einem Tier kann man schließlic­h nicht an die Vernunft appelliere­n oder sicher sein, dass es nicht plötzlich im Fußraum zwischen den Pedalen herumkrabb­elt oder an der Windschutz­scheibe die Sicht versperrt, sagt Stankowitz.

Der ADAC rät daher dazu, Tiere nur in entspreche­nden Boxen mitzunehme­n und diese auch zu sichern. Was passieren kann, wenn ein Tier ungesicher­t im Auto mitfährt, hat der ADAC bei einem Crashtest mit einem Dummy-Hund ermittelt. Bei einem Aufprall mit 50 km/h traf die 22 Kilo schwere Hundeattra­ppe mit dem 25-Fachen des eigenen Körpergewi­chts auf Kopfstütze und Rückenlehn­e des Fahrers, prallte an dessen Kopf und schlug schließlic­h in die Wind- schutzsche­ibe ein. Die Aufprallwu­cht lag bei über 500 Kilogramm. Auch Tier-Transportm­ittel können sich im Auto zu Wurfgescho­ssen entwickeln, wenn sie nicht richtig gesichert werden.

Transportb­oxen sollten quer zur Fahrtricht­ung, direkt hinter der Rücksitzle­hne positionie­rt werden. „Auch wenn niemand auf dem Rücksitz sitzt, sollte man die Sicherheit­sgurte schließen“, sagt Diana Sprung vom ADAC, „denn das erhöht die Stabilität.“Kleinere Katzenkörb­e könnten auch sicher im Fußraum hinter den Vordersitz­en untergebra­cht werden. Genormte Körbe oder Boxen gibt es nicht, als Orientieru­ng jedoch können laut ADAC sowohl Tests dienen als auch DIN-Nummern. DIN 75410-2 gibt einen Hinweis darauf, dass die betreffend­e Box die Mindestanf­orderungen zur Ladungssic­herheit erfüllt. Heute gibt es auch Systeme, die nicht über die Sicherheit­sgurte, sondern über die in neuen Autos vorhandene Verankerun­g für IsofixKind­ersitze befestigt werden.

„Kunststoff­boxen und Körbe können leichter brechen oder splittern“, sagt Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutz­bund. Sie stellen dann eine Gefahr für das Tier und eventuell für den Menschen dar. Die Tierschütz­er raten zu Boxen aus stabilen Materialie­n wie zum Beispiel Aluminium, die sich bei einem möglichen Aufprall nicht so schnell verformen und damit noch mehr Sicherheit böten. Von den sogenannte­n Softboxen aus Stoff raten die Tierschütz­er ganz ab, da diese bei einem Aufprall nachgeben und das Tier eingequets­cht werden könne.

Wer wegen eines Tieres im Auto einen Unfall verursacht, etwa durch Ablenkung, kann sich zunächst darauf verlassen, dass die eigene KfzHaftpfl­ichtversic­herung den Schaden am gegnerisch­en Fahrzeug begleicht. „Was den eigenen Schaden betrifft, kann die Kasko dem Fahrzeugfü­hrer unter Umständen ein Mitverschu­lden anlasten“, sagt Rechtsanwa­lt Dötsch. „Ganz aus der Zahlungspf­licht heraus kommen wird jedoch auch sie nicht.“Daneben könne die Polizei ein Bußgeld in Höhe von bis zu 35 Euro erheben, wenn ein Verstoß gegen die Verpflicht­ung der Sicherung von Ladung vorliegt. Claudius Lüder, dpa

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Foto: Ina Fassbender, dpa Von wegen kuschelig: Ungesicher­t kann die Katze bei Vollbremsu­ng mit einem Vielfachen ihres Körpergewi­chts zum „Geschoss“werden.
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Foto: Markus Scholz, dpa Von wegen lustig: Hunde gehören nicht auf die Sitze. Vor allem für größere Tiere sind eigene, stabile Transportb­oxen ein Muss.

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