Mittelschwaebische Nachrichten
Zu jung, um nichts mehr zu tun
Warum Weltmeister Augenthaler einen Sechstligisten trainiert und damit zufrieden ist
Donaustauf Beim Schlusspfiff jubeln 250 Fans. Klaus Augenthaler steht in dem Moment von seinem knarzenden Stuhl auf, blickt etwas mürrisch, klatscht ein paarmal in die Hände und betritt langsam den Platz. Später wird er sagen, dass er so ein „Gegurke“wie das 2:0 seines SV Donaustauf gegen Neukirchen nicht noch einmal sehen will. Aber Augenthaler erkennt natürlich auch: „Es ist nichts anderes als im Profibereich: Es zählt nur das Ergebnis und die Tabelle.“
Nach gut zwei Monaten als Trainer beim Oberpfälzer Landesligisten weiß der ehemalige Weltstar genau, auf was es ankommt in der Fußball-Provinz. Eine Umstellung war der Wechsel in die sechsthöchste Spielklasse für den früheren Bayern-Profi und Bundesliga-Trainer dennoch. „Ich war es eigentlich immer gewohnt, beste Trainingsbedingungen zu genießen. Hier teilen wir uns den Platz mit der zweiten Mannschaft, der Altherren-Mannschaft und zehn Jugendteams. Das ist natürlich schon etwas schwierig“, erzählt Augenthaler.
Auch sei der Umgang mit den Kickern ein völlig anderer. „Wenn sich ein Spieler meldet und mir sagt, dass er mit seinem Vater Holz machen muss oder seine Tante Geburtstag hat – dann muss ich eben ein Auge zudrücken.“
Der Hype um seine Person sei ihm „eigentlich zu viel. Aber ich muss damit umgehen und versuchen, den Druck von der Mannschaft fernzuhalten.“Seinem Ansehen im Team scheint das nicht zu schaden. „Er ist sehr nahbar und zeigt überhaupt keine Allüren“, sagt Kapitän Andreas Vilsmaier. „Er greift richtig ins Trainingsgeschehen ein. Man merkt einfach, dass er immer noch Fußballer durch und durch ist.“Abteilungsleiter Lothar Rengsberger verspürte, dass seit dem Einstieg von Augenthaler ein „Ruck durch die gesamte Fußballabteilung“ging.
Nach Stationen in München, Graz, Nürnberg, Leverkusen, Wolfsburg und Unterhaching hatte Augenthaler eigentlich mit dem Trainerjob abgeschlossen. Anfragen aus dem Ausland habe es viele geben. Doch er lehnte jedes Mal ab – er wollte nicht ins Ausland. „Ich war zufrieden mit dem Leben, das ich hatte.“
Der Kontakt zu Donaustauf habe sich zufällig ergeben. Dass er nun tatsächlich auf der Trainerbank der Oberpfälzer sitzt, hat auch mit einer persönlichen Einsicht zu tun. „Ich bin noch zu jung, um nichts mehr zu tun“, sagt der 58-Jährige.
Bislang profitierten beide Seiten von der Entscheidung: Nach zehn Spielen rangiert der SV Donaustauf auf dem sechsten Tabellenplatz nur drei Punkte hinter dem Spitzenreiter. Positiv fällt auch Augenthalers Zwischenfazit aus: „Der Verein ist unwahrscheinlich bemüht, mir alle Wünsche zu erfüllen.“Das betreffe die Neuzugänge – zwölf an der Zahl, darunter zwei Brasilianer – sowie die Ansprüche des Klubs an den Star-Trainer. Man habe ihn nicht unter Druck gesetzt und erwarte in dieser Spielzeit „keinen Durchmarsch in die Bayernliga“– auch wenn dieser Sprung das erklärte Ziel für die nächste Saison ist.
Augenthaler hat einen Vertrag bis Saisonende. Er könne sich aber durchaus vorstellen, hier in den nächsten „zwei bis drei Jahren“etwas aufzubauen. Lukas Praller, dpa