Mittelschwaebische Nachrichten
Heftige Kritik an Roaming-Entscheidung
Auslands-Gebühren sollen nur an 90 Tagen im Jahr wegfallen. Für Verbraucherschützer und Politiker geht das nicht weit genug
Berlin/Brüssel Vom Strand einen Urlaubsgruß per Smartphone schicken: Die EU will, dass das künftig keine Frage der Kosten mehr ist. Doch Verbraucherschützern und Europa-Politikern gehen die Roaming-Pläne nicht weit genug. Nur 90 Tage garantiert kostenfreies EURoaming pro Jahr – die Details der Brüsseler Pläne zur Abschaffung der Auslands-Handygebühren für Reisende stoßen auf heftige Kritik.
„Die Abschaffung der RoamingGebühren ist gut für Europa und im Sinne der Bürger. Das Europäische Parlament fordert seit Jahren vehement, die Roaming-Gebühren vollständig abzuschaffen“, sagt der Europaabgeordnete und schwäbische CSU-Vorsitzende Markus Ferber. Jetzt anzukündigen, dass die Roa- ming-Gebühren nur teilweise aufgehoben werden, sei jedoch unerhört. Damit hintergehe die EUKommission bewusst den Willen des Europäischen Gesetzgebers. „Wir brauchen uns nicht zu wundern, wenn die Skepsis der Bürger gegenüber Europa zunimmt, wenn die Kommission Versprechen wie die Abschaffung der Roaming-Gebühren nun wieder einkassiert“, betont Ferber.
„Die nun von der Europäischen Kommission vorgeschlagene 90-Tage-Grenze ist nicht akzeptabel“, erklärt auch die Vorsitzende der CSUGruppe im Europäischen Parlament, Angelika Niebler. Seit Jahren kämpfe sie dafür, dass sich die „in der Vergangenheit vollkommen überhöhten Roaming-Gebühren“ den nationalen Tarifen annähern. Noch im April seien die Gebühren gesenkt worden. Niebler: „Nun sollen nach den Vorstellungen der EUKommission Mobilfunkanbieter den Kunden nach 90 Tagen wieder Roamingaufschläge in Rechnung stellen können. Das wird mit uns Abgeordneten nicht zu machen sein, wir werden das Ziel eines Roamingfreien Europas nicht so leicht aufgeben.“
Zweifellos müssten Regeln festgelegt werden, die missbräuchliche Nutzung oder Dauer-Roaming verhindern, sagt Niebler. Aber die 90-Tage-Grenze sei dafür ungeeignet und spiegele nicht die Lebensund Arbeitsgewohnheiten der Bürgerinnen und Bürger in der EU wider. „Die Menschen werden sowohl privat als auch beruflich immer mobiler. Höhere Telefongebühren im Ausland passen nicht zu den offenen Grenzen im EU-Binnenmarkt und zur Reisefreiheit.“
Deutliche Kritik an den Vorschlägen der EU-Kommission übte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). „Das versprochene Ende der Roaming-Gebühren wird damit nicht erfüllt, moniert vzbvChef Klaus Müller. Nach dem Entwurf der EU-Kommission sollen Handynutzer im EU-Ausland ab Juni 2017 mindestens 90 Tage pro Jahr zu den selben Kosten wie im Heimatland telefonieren und im Internet surfen können. Ist das Kontingent von knapp drei Monaten aufgebraucht, könnten TelekomAnbieter demnach weiter Aufschläge berechnen. Sie können aber auch freiwillig längere Zeiträume ohne Extrakosten anbieten.
Die EU-Kommission rechtfertigte ihre Pläne vor allem damit, dass sie mit den Einschränkungen Missbrauch verhindern wolle. „Wenn jemand eine SIM-Karte in einem EUMitgliedsstaat kauft und damit die ganze Zeit in seinem Heimatland telefoniert, dann ist das Missbrauch“, so eine Sprecherin in Brüssel. (AZ, dpa, afp)