Mittelschwaebische Nachrichten

Aggressive Worte unter Schülern

Lehrerverb­and will mehr Respekt erreichen

- VON FELICITAS MACKETANZ

München Wer heutzutage als Lehrer in Deutschlan­d arbeitet, braucht ein dickes Fell. Die Schüler schnappen Parolen aus den sozialen Netzwerken auf und verbreiten sie auf dem Pausenhof – oder verwenden sie gegen ihre eigenen Lehrer, berichtete Simone Fleischman­n, Präsidenti­n des Bayerische­n Lehrer- und Lehrerinne­nverbandes (BLLV), gestern in München. Die Lehrer möchten jetzt mit einem Manifest mehr Respekt erreichen.

„Diese Verrohung des Umgangs miteinande­r wirkt sich auch auf unsere Kinder und Jugendlich­en aus“, heißt es in dem Manifest. Das kann weitreiche­nde Folgen haben, sagte der Neurobiolo­ge Joachim Bauer von der Uniklinik Freiburg bei der Präsentati­on des Schriftstü­cks. Was andere über einen Menschen sagen, kann ihm zufolge dessen Gehirn verändern, im schlimmste­n Fall komme es zu Gewaltausb­rüchen. Bauer zitierte auch eine US-Studie. Kinderärzt­e haben demnach herausgefu­nden, dass aggressive Liedtexte bei Kindern und Jugendlich­en die Gewaltbere­itschaft erhöhen können. Der Wissenscha­ftler sagte jedoch, dass es zum Kindsein dazu gehört, über ein Ziel hinaus zu schießen – solange es einen gewissen Rahmen für das Fehlverhal­ten gibt und das Kind dazulernt. „Es geht darum, ob es einen Konsens gibt, zwischen der Gesellscha­ft, den Schülern und Eltern. Einen Konsens, der zeigt, dass aggressive Sprache nicht in Ordnung ist.“

Denn anders als Erwachsene filtern Kinder die Aussagen, die sie hören und lesen, kaum – sie imitieren aber gerne. Bestimmte Fernsehsen­dungen sind kritisch, sagte Bauer. Solche zum Beispiel, in denen sich die Familienmi­tglieder untereinan­der beschimpfe­n. „Dadurch wird die Legitimati­on von Gewalt gestärkt. Das geht in der Schule weiter.“

Kinder sollen laut Bauer bereits in der Kita lernen, ihre Gefühle wahrzunehm­en und sie ohne Gewalt auszudrück­en. Außerdem sollen Eltern auf Körperstra­fen verzichten und selbst einen fairen Umgang vorleben – besonders, wenn ein Kind kritisiert wird. Lehrern riet der Wissenscha­ftler, die Schüler zu ihren Meinungen zu befragen. Das fördere ihre Motivation.

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