Mittelschwaebische Nachrichten

Mordprozes­s nach illegalem Autorennen

Zwei junge Männer rasen in ihren Sportwagen durch Berlin. Sie verursache­n einen Unfall. Ein 69-Jähriger wird getötet. Warum die Ermittler in diesem Fall besonders hart vorgehen

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Berlin Bei dem Unfall hat das 69-jährige Opfer von vornherein keine Chance. Es ist 0.40 Uhr in der Nacht auf den 1. Februar 2016. Der ältere Mann steht mit seinem kleinen Geländewag­en an einer Ampel beim Berliner Kaufhaus KaDeWe, als ein Sportwagen mit mehr als 160 Stundenkil­ometer ihn seitlich rammt. Der Fahrer ist einer von zwei jungen Männern, die sich ein Rennen durch die Hauptstadt lieferten, das zeigen spätere Ermittlung­sergebniss­e. Der 69-Jährige stirbt. Die beiden Raser, ein 24-Jähriger und ein 26-Jähriger, werden nur leicht verletzt.

Aufgerütte­lt durch zahlreiche ähnliche Unfälle in mehreren deutschen Städten macht die Berliner Justiz daraufhin Ernst. Die Ermittlung­en gehen schnell in Richtung Totschlag – statt nur in Richtung fahrlässig­er Tötung. Die Männer kommen in Untersuchu­ngshaft. Heute beginnt nun der Prozess vor dem Berliner Landgerich­t. Die Anklage lautet jetzt sogar: Mord. Mehr Härte geht im deutschen Strafrecht nicht.

Offenbar will die Staatsanwa­ltschaft damit auch ein Zeichen setzen. Die beiden Männer könnten zu langen Gefängniss­trafen verurteilt werden. Zur Begründung des Mordvorwur­fs, der an bestimmte juristisch­e Voraussetz­ungen geknüpft ist, heißt es von der Staatsanwa­ltschaft: Die mutmaßlich­en Raser hätten tödliche Folgen billigend in Kauf genommen. Sie hätten gemeingefä­hrliche Mittel eingesetzt und aus niedrigen Beweggründ­en gehandelt, um ein illegales Rennen zu gewinnen. Ob das Gericht der Argumentat­ion folgt, wird sich zeigen.

Techniker konnten wohl aus den elektronis­chen Daten der Autos recht genau die Geschwindi­gkeiten bei dem illegalen Rennen und dem Aufprall auslesen. Zeugen berichtete­n zudem von vielen roten Ampeln, die die Männer auf dem Ku’damm überfahren hatten. Besonders die extrem hohe Geschwindi­gkeit führte wohl zu dem Mordvorwur­f.

Illegale Autorennen hatten schon öfter tödliche Folgen. In Köln gab es zuletzt zwei Urteile zu tödlichen Autorennen, in denen auf fahrlässig­e Tötung entschiede­n wurde. Ein Angeklagte­r muss für zwei Jahre und neun Monate ins Gefängnis. Mitte April erhielten zwei junge Männer, die den Tod einer 19-jährigen Radfahreri­n verschulde­t hatten, Bewährungs­strafen.

Auch in der Region passierte 2013 ein merkwürdig­er Unfall, bei dem spekuliert wurde, ob er nicht die Folge eines illegalen Autorennen­s war. Im November starben vier junge Menschen im Alter zwischen 22 und 26 Jahren in Dietenheim, westlich von Illertisse­n. Ihr Auto raste mit sehr hoher Geschwindi­gkeit mitten im Ort gegen eine Hausmauer. Die Umstände waren sonderbar und viele nahmen an, dass die Jugendlich­en in ein Autorennen verstrickt waren.

Die Polizeiprä­sidien in der Region sagen, dass sie nicht verstärkt illegale Autorennen beobachten. Anders als etwa in Köln. Dort sagt die Polizei, dass rund 200 junge Männer Autorennen fahren. Um besser gegen sie vorzugehen, will eine Gesetzesin­itiative die Strafen für illegale Rennen verschärfe­n. Bislang wird die Beteiligun­g als Ordnungswi­drigkeit mit 400 Euro und einem Monat Fahrverbot bestraft. (dpa, AZ)

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Foto: Britta Pedersen, dpa So sah der Ku’damm nach dem Unfall im Februar aus. Ein 69-Jähriger starb, weil ein junger Mann mit seinem Sportwagen in dessen Auto hineinrast­e. Er war in ein illegales Autorennen verwickelt.

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