Mittelschwaebische Nachrichten
Die Formel 1 braucht neue Ideen
Solche Sätze liest Wolfgang Schäuble am liebsten, zumal von einem 85-Jährigen: „Nach zwei oder drei Jahren werde ich es vielleicht ein bisschen ruhiger angehen lassen.“Senioren, die bis ins hohe Alter zum Bruttosozialprodukt beitragen, sind das Ideal eines jeden Renten-Strategen, nicht nur des deutschen Finanzministers. Das Zitat stammt von Bernie Ecclestone. Und dann geht der Brite vielleicht mit 94 in Rente und zieht frühestens mit 103 in die Seniorenresidenz.
Dem ehemaligen Gebrauchtwagenhändler mit der robusten Gesundheit und dem bissigen Humor sei ein langes Leben vergönnt. Der Verkauf seiner Formel 1 an die Amerikaner leitet allerdings einen überfälligen Kurswechsel in der Formel 1 ein.
Ecclestone war ein Glücksfall für die Rennserie. Der umtriebige und vielleicht am besten vernetzte Sportmanager der Welt hat ein mächtiges PS-Imperium aufgebaut. Mit der Erschließung immer neuer neuer Märkte hat er den Motor brummen zu lassen.
Dennoch: Der PS-Zirkus steckt in der Krise. Im einstigen KernMarkt Europa laufen der zu leise und zu langweilig gewordenen Serie die Kunden weg – an den Strecken und vor den Fernsehgeräten. Die Stichworte der Zukunft – Marketing und Digitalisierung - haben den Briten bisher kaum interessiert. Die bunten Boliden benötigen junges Publikum. Deshalb ist es gut für alle Beteiligten, dass neue Köpfe mit frischen Ideen kommen.
Denn es ist unübersehbar: Das Ecclestone-Baby leidet nach blühender Jugend und wirtschaftlich fetten Jahren unter Abnutzungsbeschwerden.
Allerdings dürfte der Übergang schwierig werden. Denn bisher lautete die Gleichung: Formel 1 = Ecclestone. Mit einem zugekniffenen Auge regierte der Brite nicht nur im Fahrerlager sondern sicherte seine Macht mit einem undurchschaubaren Netzwerk von Verträgen und Firmen.
Die neuen Macher werden erst noch beweisen müssen, dass sie es besser können als der einsame britische Wolf. Die Formel 1 kann faszinierender Sport sein. Nämlich einen technisch ausgefeilten, handgearbeiteten Rennwagen mit 350 Stundenkilometern am Limit zu bewegen.
Aber der Fan darf nicht nur das Gefühl haben, dass er einem milliardenschweren Geschäft und einer Marketing-Plattform der Industrie (Autos, Getränke, etc.) zusieht. Denn auch das ist die Formel 1 von heute.