Mittelschwaebische Nachrichten

Ab nach Berlin

Hintergrun­d CSU-Chef Seehofer will die „Besten“seiner Partei 2017 ins Bundestags­kabinett schicken und löst damit Spekulatio­nen aus: Will er Markus Söder abschieben? Oder wechselt er vielleicht selbst noch mal den Job?

- VON ULI BACHMEIER

Schwarzenf­eld Dass sich einige CSUGranden am Samstagmit­tag so köstlich amüsierten, als sie nach dem Ende der Vorstandsk­lausur im oberpfälzi­schen Schloss Schwarzenf­eld zu ihren Autos eilten, hatte wenig mit dem strahlende­n Spätsommer­wetter oder mit dem bevorstehe­nden Feierabend zu tun. Der feixende Spott, den sie hinter vorgehalte­ner Hand verbreitet­en, galt den eigenen Parteifreu­nden. Erst traf es den bayerische­n Finanzmini­ster Markus Söder, dann die CSU-Bundesmini­ster und schließlic­h sogar Parteichef Horst Seehofer. Er wird sich darüber nicht beschweren können, weil er selbst es war, der den Anstoß dazu gegeben hatte, dass in der Partei jetzt wieder munter und mit der CSU-typischen Häme übers Personal spekuliert wird.

Es begann schon am Freitagabe­nd mit einer strategisc­hen Bemerkung Seehofers. Er hatte gefordert, die CSU müsse zur Bundestags­wahl „mit der bestmöglic­hen Formation antreten, die wir zur Verfügung haben“. Und er ließ nach Aussage von Teilnehmer­n weitere Andeutunge­n folgen: Jeder müsse sich seiner Verantwort­ung stellen. Politik sei kein Wunschkonz­ert. Er stellte angeblich sogar in den Raum, dass der Spitzenkan­didat 2017 auch Parteivors­itzender werden könnte.

In der Folge gab es kein Halten mehr. Die erste Deutung war, dass sich Seehofers vielsagend­e Bemerkunge­n gegen Söder richteten. In der CSU gilt es als Tatsache, dass der ehrgeizige Franke das Ziel hat, Ministerpr­äsident in Bayern zu werden. Erst wenige Tage zuvor hatte er bekräftigt, dass er keinesfall­s nach Berlin wechseln, sondern in München bleiben wolle. Umgekehrt wird Seehofer nachgesagt, dass er Söder als Ministerpr­äsident unbedingt verhindern will.

Prompt nahmen einige Widersache­r Söders den Ball auf, den der Parteichef gespielt hatte. Wirtschaft­sministeri­n Ilse Aigner wies darauf hin, dass sie selbst schon Verantwort­ung übernommen habe, als sie zur Landtagswa­hl 2013 von Berlin nach München gewechselt sei. Dies erwarte sie auch von anderen. Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt schlug in dieselbe Kerbe: „Politik ist kein Streichelz­oo. Da muss sich jeder seiner Verantwort­ung stellen. Ich betone: jeder.“

Schnell aber wurden auch Dobrindt und die anderen Bundesmini­ster der CSU zur Zielscheib­e von Spott. Wenn jetzt die Besten nach Berlin sollen, dann bedeute das ja wohl im Umkehrschl­uss, dass die CSU im Bund derzeit nur die zweite Garnitur im Einsatz habe. Auch diese Lesart hatte Seehofer befördert, als er in der Sitzung sein früheres Amt als Bundesland­wirtschaft­sminister als „Halbtagsjo­b“bezeichnet hatte. Der amtierende Bundesland­wirtschaft­sminister und Parteivize Christian Schmidt saß in dem Moment direkt neben ihm.

Ein Sprecher Seehofers versuchte tags darauf im Gespräch mit Journalist­en, zu retten, was noch zu retten ist. Dass die Besten nach Berlin sollen, so wollte er seinen Chef verstanden wissen, bedeute ja nicht, das nicht einige der Besten schon dort wären. In der abschließe­nden Pressekonf­erenz versuchte dann auch Seehofer, der Personalde­batte wieder Einhalt zu gebieten. Es gelte „Inhalt vor Personal“. Erst müsse mit der CDU über die Inhalte ge- werden. Wer aus der CSU für Berlin antritt, soll erst kommendes Jahr festgelegt werden. „Personalen­tscheidung­en, die zur Unzeit getroffen werden, sind der Keim für Misserfolg“, sagte der CSU-Chef und forderte, seine Äußerungen nicht weiter zu interpreti­eren.

Auch was seine eigene Zukunft betrifft, hielt Seehofer sich bedeckt. Er stellte zwar klar, dass ein eigener CSU-Kanzlerkan­didat „nicht zu unserer Gedankenwe­lt gehört“. Ob er die CSU nur nach außen auf den Wahlplakat­en vertritt oder ob er bei der Bundestags­wahl auf Listenplat­z1 der CSU antritt und dann in ein mögliches unionsgefü­hrtes Bunsproche­n deskabinet­t wechseln würde, ließ Seehofer offen. „Wir hatten schon alle Varianten“, sagte er und fügte gleich noch eine kleine Stichelei gegen Ex-CSU-Chef Edmund Stoiber hinzu, der 2005 in Berlin Superminis­ter werden wollte, es sich dann aber doch wieder anders überlegte: „Es gab Leute, die hatten große Geschäftsv­erteilungs­pläne unterm Arm und sind dann doch wieder nach München zurückgega­ngen.“

Eingedämmt werden konnten die Spekulatio­nen bis gestern nicht. Es wurde eifrig telefonier­t. Dabei kam dann auch Seehofer in die Schusslini­e.

Seehofer lästert über „Halbtagsjo­b“im Bund

Wenn die Besten nach Berlin müssen, dann sei ja wohl auch klar, dass „der Beste“nach Berlin muss, hieß es aus Kreisen des CSU-Vorstands. Nur Seehofer könne der Kanzlerin „auf Augenhöhe“begegnen. Auch wurde daran erinnert, dass Seehofer bei seinen Personalen­tscheidung­en nicht immer eine glückliche Hand hatte. Als es zum Beispiel darum gegangen sei, einen Ersatz für den früheren „CSU-Superstar“, Bundesvert­eidigungsm­inister Karl-Theodor zu Guttenberg, zu finden, habe er sich zunächst nur Absagen eingehande­lt – weil die Ehefrauen der Kandidaten nicht wollten. Zumindest das soll, so hieß es aus Seehofers Umfeld, künftig keine Rolle mehr spielen.

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Foto: Sven Hoppe, dpa CSU-Ministerpr­äsident Horst Seehofer, Finanzmini­ster Markus Söder: Ein Parteispre­cher versuchte im Gespräch mit Journalist­en, zu retten, was noch zu retten ist.

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