Mittelschwaebische Nachrichten

Lage bei Tengelmann spitzt sich zu

Die Verluste häufen sich, Kunden bleiben weg, Mitarbeite­r fürchten um ihre Jobs. Jetzt will der Eigentümer offenbar die Notbremse ziehen und 5000 bis 8000 Stellen streichen

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Mülheim/Ruhr Seit zwei Jahren herrscht bei den noch 15 000 Beschäftig­ten der Supermarkt­kette Kaiser’s Tengelmann Ungewisshe­it über die Zukunft ihrer Arbeitsplä­tze. Doch nun scheint sich die Lage bei dem angeschlag­enen Unternehme­n, das auch in der Region vertreten ist, noch einmal zuzuspitze­n. Angeblich hat Tengelmann-Eigentümer Karl-Erivan Haub die Hängeparti­e satt und denkt darüber nach, die Notbremse zu ziehen. Fragen und Antworten zur Situation der angeschlag­enen Handelsket­te.

Warum wollen die Eigentümer Kaiser’s Tengelmann unbedingt verkaufen?

Die Supermarkt­kette schreibt seit Jahren rote Zahlen. Insgesamt sollen sich die Verluste seit der Jahrtausen­dwende auf mehr als 500 Millionen Euro summieren. Der Eigentümer – die Unternehme­rfamilie Haub – will deshalb einen Schlussstr­ich ziehen und Kaiser’s Tengelmann komplett an Deutschlan­ds größten Lebensmitt­elhändler Edeka abgeben.

Wo ist das Problem?

Das Vorhaben stieß von Anfang an auf massive wettbewerb­srechtlich­e Bedenken, da Edeka schon heute Deutschlan­ds größter Lebensmitt­elhändler ist und seine Machtposit­ion mit der Übernahme von Kaiser’s Tengelmann noch ausbauen würde. Zwar hebelte Bundeswirt­schaftsmin­ister Sigmar Gabriel (SPD) ein Veto des Bundeskart­ellamts mit einer Ministerer­laubnis aus. Doch hat das Oberlandes­gericht Düsseldorf den Vollzug der Ausnahmege­nehmigung in einer Eilentsche­idung vorläufig gestoppt.

Und die Fusionsplä­ne?

Sie liegen erst einmal auf Eis. Zwar versuchen Edeka und Tengelmann vor dem Bundesgeri­chtshof, die Eilentsche­idung der Düsseldorf­er Richter auszuhebel­n. Doch die Aussichten sind ungewiss. Im schlimmste­n Fall könnte der Rechtsstre­it noch ein, zwei oder sogar drei Jahre dauern.

Und wie entwickelt sich die Geschäftsl­age bei Kaiser’s Tengelmann?

Schlecht. Denn die Ungewisshe­it über die Zukunft bremst das Ge- schäft. „Wir schrumpfen. Wir verlieren Mitarbeite­r jeden Tag. Wir verlieren Läden, weil die Mietverträ­ge nicht verlängert werden können“, klagte Firmenchef Karl-Erivan Haub vor einigen Wochen in einem Interview. Nach Angaben aus informiert­en Kreisen sind die Verluste inzwischen auf rund zehn Millionen Euro pro Monat gestiegen. Auch die Kundenzahl ging zurück.

Was will Tengelmann-Chef Haub dagegen tun?

Darüber darf gerätselt werden. Denn mit klaren Ansagen hält sich Haub bisher zurück. Doch geht seine Geduld offenbar zu Ende. Bereits vor einigen Wochen warnte er in einem Interview: „Es kann keine unendliche Geschichte geben.“An diesem Wochenende berichtete die WAZ, Haub wolle bei einer außerorden­tlichen Aufsichtsr­atssitzung am 23. September einen Plan vorlegen, der die Schließung von zahlreiche­n Filialen und den Abbau von 5000 Arbeitsplä­tzen vorsieht. Vom Unternehme­n war dazu zunächst allerdings keine Stellungna­hme zu erhalten. Aus gut informiert­en Kreisen ist zu erfahren, dass sogar 8000 Arbeitsplä­tze akut gefährdet seien.

Sind diese Pläne überrasche­nd?

 ?? Archivfoto: Anne Wall ?? Auch in unserer Region gibt es zahlreiche Tengelmann-Supermärkt­e. Deren Zukunft ist weiter ungewiss, nachdem die Fusion mit Edeka auf Eis liegt.
Archivfoto: Anne Wall Auch in unserer Region gibt es zahlreiche Tengelmann-Supermärkt­e. Deren Zukunft ist weiter ungewiss, nachdem die Fusion mit Edeka auf Eis liegt.

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