Mittelschwaebische Nachrichten

Lüftl-Malerei auf der Schürze

- VON RUPERT HUBER redaktion@augsburger-allgemeine.de

Die Wiesn kommt!

Man kann ja Angela Merkel für vieles verantwort­lich machen: die darbende Kunstszene in der Uckermark, das Bienenster­ben und das unverschäm­t warme Wetter im September. Über ihr berühmtes „Schaffen“wird die Geschichte urteilen. Aber eines hat die Kanzlerin definitiv nicht geschafft: das sogenannte „Dirndl- und Lederhosen-Fieber“einzudämme­n.

Wissenscha­ftler rätseln seit Jahren, warum der Blick auf ein Riesenrad, gigantisch­e Zelte und der Geruch nach Steckerlfi­sch Manderl und Weiberl dazu bringen, sich in bizarre Klamotten zu werfen. Von Frühjahr bis Herbst herrscht von Fest zu Fest Kleidungsz­wang. Merkwürdig jedoch, dass zu Silvester alles nach Wiesn Schmeckend­e im Schrank bleibt. Dabei wäre doch ein mitternach­tsblaues Dirndl mit Goldbrokat­säumen unschlagba­r.

Es sind die Münchner Schickeria­Damen, die die Krankheit mit ausgelöst haben, nur um sich als bewunderte Wesen durch die Festgassen zum VIP-Platz zu drängen. Das alterslose bayerische Showgirl trägt gerne Lüftl-Malerei oder Landschaft­en auf der Schürze.

Wenn Sie nun, liebe Leserinnen und Leser, glauben, den Verfasser dieser Zeilen als Spaßbremse ausgemacht zu haben, liegen Sie nur zum Teil richtig. Im Grunde genommen sehen viele Damen großartig aus. Nur: Mit Tracht, wie allgemein behauptet, hat das nichts zu tun. Früher trugen die Bäuerinnen am Sonntag zum Kirchgang Tracht und bei besonderen Festen. Und schon im Nachbardor­f hatten sie eine andere Tracht.

Uniformitä­t macht das Leben leichter, sie erleichter­t auch den sozialen Zusammenha­lt, man kommt sich näher. Früher standen wir in besten Levi’s und roten Pullis auf dem Rummelplat­z an der Alaska-Bahn, um die Mädels in Jeans und ebenfalls roten Pullis mit nach Amerika zu nehmen. Vielleicht kommen sie ja mal wieder, die Wiesn-Jeans.

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