Mittelschwaebische Nachrichten
Pfui, Minga!
München gilt als Metropole mit Flair. Doch die Landeshauptstadt hat durchaus hässliche Ecken und Plätze
München Hässlich, grau und versifft – nur wenige denken bei diesen Worten an die bayerische Landeshauptstadt. Doch auch die oft als Luxusmetropole bezeichnete Millionenstadt hat ihre scheußlichen Ecken. Und genau um die ist es bei der „Munich Ugly Tour“gegangen. In der einmaligen Tour führte der Brite und ehemalige BBC-Journalist Eugene Quinn knapp 100 Besucher zu den greisligsten Gebäuden von Minga. Vom Parkhaus bis zum Fünf-Sterne-Hotel, vom Shoppingcenter bis zur Kirche. Nur das Wetter spielte nicht mit: strahlender Sonnenschein, knapp 30 Grad Celsius. Alles andere als greislig.
„Wir haben auf Regen gehofft, damit die Gebäude noch hässlicher aussehen“, sagte „Mister-UglyGuide“Quinn zu Beginn der gut dreistündigen Führung quer durch die Stadt. „Aber ich möchte euch trotzdem auf die dunkle Seite der Stadt einladen.“
Organisiert wurde die Tour von der Münchner Umweltorganisation „Green City“. „Ziel ist es nicht, ein objektives Schönheitsideal zu finden, sondern mit anderen Augen durch die Stadt zu gehen“, sagte Veranstalterin Silvia Gonzalez zu Beginn der Führung. Was allerdings die hässlichen Seiten von München sind, haben nicht Quinn oder Gonzalez festgelegt, sondern FacebookNutzer, die sie dazu aufgerufen hatten. Das Ergebnis: Eine laufintensive Tour vorbei an der opulenten Asamkirche, die laut Quinn aus zu viel „Bling-Bling“besteht und vorbei am tristen Stadtparkhaus im Zentrum der Stadt, bei dem nur halb fertig die Kabel an der Fassade herunterbaumeln. Im Kontrast dazu steht eine schicke, helle Hochhäuser-Reihe mit Zaun vor dem Eingang. Weiter geht es zu einer trostlosen Ecke, an der nur noch ein altes Pizzeria-Schild an belebtere Zeiten erinnert. Ein modernes Gebäude hat zwar betonierte Fensterrahmen, aber kaum Fenster. Eine große Kaufhauskette am Stachus wird gezeigt, ein grauer Elektroverteilerkasten mitten in der Stadt und ein altes Gebäude in der Fußgängerzone. Teile der Stadtführung sind auch ein Trakt der Technischen Universität und ein Fünf-Sterne-Hotel. Dessen reizvoller Charme, so Quinn, erinnere an den eines Container-Schiffes. Bei den Gebäuden der „Ugly Touren“sei es wie bei einem Autounfall: „Du willst nicht hinschauen, tust es aber trotzdem“, sagte der Brite, der vor einem Jahr in Wien, wo er lebt, die erste dieser Stadtführungen initiiert hatte.
Doch bei der Tour ging es nicht nur um die Schandflecken der Stadt, sondern vor allem um die politische Debatte über die Stadt-Entwicklung, über Architektur und über die Zukunft Münchens. Die Stadtverwaltung habe laut Quinn sogar selbst Gebäude vorgeschlagen, die in die Tour passen würden. „Ich möchte einen neuen Dialog schaffen. München ist eine wunderschöne Stadt, aber hier läuft auch vieles falsch“, sagte er. Deshalb sei die „Ugly Tour“natürlich auch eine Anregung für die Stadt.
Denn München habe ein Problem, so Quinn: „Die Mietpreise und Steuern werden steigen, die Raten sind ja jetzt schon sehr hoch. Studenten werden so aus der Stadt verschwinden“, sagte er und zeigte dabei auf die noble, beinahe abgeschirmte Häuserreihe gegenüber des grauen Stadtparkhauses.