Mittelschwaebische Nachrichten
Großes Kino um ein Frauenschicksal
Venedig 1 Festivalsieger: Warum ein philippinischer Film jetzt Publikum in aller Welt braucht
Venedig Was für ein Schicksal! Nach Verleumdung durch den Ex-Freund verhaftet und dann 30 Jahre unschuldig im Gefängnis – ob so ein Mensch Rache nimmt? Wie findet dieser Mensch sich in der unbekannten Welt zurecht, die einst mal seine Heimat war? Und ändert es etwas, wenn dieser Mensch eine Frau ist?
„The Woman Who Left“(Die Frau, die wegging) heißt der Film. Und er wurde nun sensationell mit dem Goldenen Preis der Filmfestspiele in Venedig ausgezeichnet. Als erster aus den Philippinen überhaupt. Und zudem ein vierstündiger Schwarz-Weiß-Film von Lav Diaz, basierend auf einer Erzählung von Dostojewski. Bloß dass der Mensch dort ein Mann ist.
Aber es war ohnehin das Festival der Frauen, in den Beiträgen und auch bei den Preisen: Der Spezialpreis der Jury ging an das Kannibalendrama „The Bad Batch“der Regisseurin Ana Lily Amirpour, für das beste Drehbuch wurde Noah Oppenheim ausgezeichnet, die in „Jackie“von Frau Kennedy im Jahr 1963, dem Jahr des Attentats erzählt… Doch tatsächlich überstrahlte „The Woman Who Left“noch einmal alles. Regisseur Lav Diaz sagte sichtlich überwältigt: „Dies ist für mein Land, für mein Volk, für unseren Kampf und den Kampf um Menschlichkeit.“Sein achtstündiger Film „Hele Sa Hiwagang Hapis“war im Februar bei der Berlinale mit dem Alfred-BauerPreis ausgezeichnet worden. Seitdem hat sich die politische Lage auf den Philippinen verschärft. Der seit Juni amtierende Präsident Rodrigo Duterte geht hart gegen Kriminelle vor und ruft zu außergerichtlichen Hinrichtungen auf. Der britische Regisseur und diesjährige Jurypräsident Sam Mendes sagte, er und seine Kollegen hätten mit „viel Enthusiasmus“über den Film gesprochen. Er freue sich, dass der Film durch den Preis nun bessere Chancen habe, „von einem großen Publikum“gesehen zu werden. (dpa/afp)
Weitere Preise
- Großer Preis der Jury: „Nocturnal Animals“von Tom Ford (USA) - Silberner Löwe für die beste Regie: Amat Escalante für „La Región Salvaje (The Untamed)“(Mexiko u.a.) und Andrej Kontschalowski für „Paradise“(Russland, Deutschland) - Preis für den besten Schauspieler: Oscar Martínez für „El ciudadano ilustre“von Mariano Cohn und Gastón Duprat (Argentinien, Spanien) - Preis für die beste Schauspielerin: Emma Stone für «La La Land» von Damien Chazelle (USA)