Viel mehr als eine große Juristin

Jutta Limbach mit 82 Jahren gestorben

Berlin In ihre Amtszeit fiel 1995 das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach Kruzifixe in bayerischen Klassenzimmern nicht zwingend angebracht werden müssen. Hohe Aufmerksamkeit erregte auch der Beschluss, die Verwendung des Tucholsky-Zitates „Soldaten sind Mörder“sei nur dann strafbar, wenn sie auf einzelne Soldaten abzielt. Jutta Limbach war damals Präsidentin von Deutschlands höchstem Gericht. Am Samstag ist die ehemalige SPD-Politikerin im Alter von 82 Jahren in ihrer Heimatstadt Berlin gestorben.

Jutta Limbach entstammt einer sozialdemokratischen wie auch frauenbewegten Familie. Ihre Urgroßmutter saß wegen majestätsbeleidigender Äußerungen im Gefängnis, ihre Großmutter Elfriede Ryneck war SPD-Reichstagsabgeordnete. 1971, zu einer Zeit, als die juristischen Fakultäten noch fest in Männerhand waren, wurde Limbach als Rechtsprofessorin an die Berliner Frei Universität berufen. Im März 1989, wenige Monate vor dem Fall der Mauer, engagierte der neue Regierende Bürgermeister Walter Momper (SPD) die Genossin (seit 1962 Parteimitglied) als Justizsenatorin. Es folgten ab 1994 die acht Jahre am Bundesverfassungsgericht.

Später erzählte sie mal, dass sie jeden Morgen, vor den Mühen der Rechtsfindung in Karlsruhe, in Prosawerken bedeutender Schriftsteller gelesen habe. Diese Neigung mag erklären, warum Limbach nach ihrem Ausscheiden aus dem Gericht mit 68 noch Präsidentin des GoetheInstituts wurde. Damit nicht genug: Ein Jahr später übernahm sie den Vorsitz der nach ihr benannten Kommission zur Rückgabe von NSRaubkunst vor allem aus jüdischem Besitz. Sie war auch Mitglied im Stiftungsrat des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels und Vorsitzende des Deutschen Sprachrats.

Justizminister Heiko Maas (SPD) sagte gestern: „Wir werden Jutta Limbach vermissen – ihre Herzlichkeit, ihr kluges Urteil, ihren Geist und ihren Humor.“Und Bundespräsident Joachim Gauck erklärte, sie sei ein Vorbild für andere Frauen gewesen. (bom, epd, afp)

Foto: Steffen Kugler, dpa Jutta Limbach bei einem Vortrag vor zehn Jahren.