Mittelschwaebische Nachrichten
37 Menschen stehen für Zivilcourage
Es gehört eine Menge Mut dazu, um sich Einbrechern in den Weg zu stellen oder Todesschützen an der Flucht zu hindern. Vor wem der bayerische Innenminister „größten Respekt“hat
München Sie hielten Messerstecher in Schach, stellten Todesschützen und übergaben Räuber und Diebe der Polizei. 37 Persönlichkeiten aus Bayern wurden gestern für ihre gezeigte Zivilcourage und Hilfsbereitschaft für Menschen in Not von Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ausgezeichnet.
Das Thema „Mehr Sicherheit“sei auch im sicheren Freistaat angesichts von Flüchtlingskrise, Terrorismus oder Einbruchs- und Internetkriminalität aktueller denn je, sagte Herrmann gestern in München. Seit mittlerweile 23 Jahren wird die Medaille für Verdienste um die Innere Sicherheit vergeben.
Der Tag der Verleihung ist nicht von ungefähr ausgesucht worden – ist es doch exakt sieben Jahre her, dass Dominik Brunner Kinder vor einem gewalttätigen Übergriff in der Münchner S-Bahn beschützte. Später wurde er selbst Opfer eines Angriffs dieser Täter – und verlor sein Leben.
Folgende Fälle spielen in der Region bzw. Menschen aus dem Verbreitungsgebiet unserer Zeitung haben sich als Helfer in gefährlichen Situationen erwiesen:
Augsburg Thomas Rohrer, 44, hat einen verurteilten Raubmörder gestellt. Im November 2014 versuchte ein Fahrrad- fahrer in Augsburg einer Rentnerin die Handtasche zu entreißen. Weil sich die Rentnerin heftig wehrte, geriet er ins Straucheln und beide stürzten. Thomas Rohrer, der mit dem Auto unterwegs war, erkannte die Situation. Der Mann, der inzwischen in Altusried (Oberallgäu) lebt, schnitt dem Täter mit dem Auto den Fluchtweg ab, packte ihn an den Schultern und brachte ihn zu Boden. In diesem Moment kam ein weiterer Mann hinzu, der zusammen mit Rohrer den Täter fesselte und die Polizei rief. Nach dem Eintreffen der Polizei stellte sich heraus, dass der Täter ein großes Küchenmesser im Hosenbund stecken hatte. Und bei der Überprüfung der Personalien zeigte sich, dass er erst wenige Monate zuvor nach einer langen Haftstrafe freigekommen war. Er war verurteilt worden, weil er im Jahr 1994 in Augsburg eine Kioskbetreiberin erstochen und ausgeraubt hatte.
Kempten Paul Hörmann, 64, Wilhelm Schöler, 58, Harald Heubuch, 57, und Hermann Konrad, 52, haben vor dem Jahreswechsel einen Amokläufer in einem Kemptener Einkaufszentrum gestoppt. Der geistig verwirrte 26-Jährige hatte zuvor seinen Mitbewohner mit einem Beil getötet. Danach griff er im Einkaufszentrum mit einem Messer einen Studenten an. Dieser musste notoperiert werden.
Der pensionierte Polizist Hörmann griff ein und überwältigte gemeinsam mit anderen den Täter. Dem 26-jährigen mutmaßlichen Täter wird demnächst der Prozess gemacht. Der fünfte Mann, der Zivilcourage bewiesen hatte, war zur Ehrung nicht erschienen. „Ohne das beherzte Eingreifen hätte der Täter wohl noch weitere Personen attackiert und verletzt oder gar getötet“, heißt es aus dem Innenministerium.
Ingolstadt Matthias Kastenhuber, 27, wurde ausgezeichnet, weil er aufmerksam war: In seiner Wohnung in einem Ingolstädter Mehrfamilienhaus hatte er früh an einem Abend im Dezember 2015 verdächtige Geräusche bemerkt. Er schaute durch den Spion der Wohnungstür und sah, wie sich ein Fremder an der gegenüberliegenden Tür zu schaffen machte. Er rief die Polizei, die rechtzeitig kam und den Einbrecher erwischte. Der Mann hatte noch mehr auf dem Kerbholz gehabt: 35 Wohnungseinbrüche konnten nach Angaben des Innenministeriums aufgeklärt werden – auch wegen der Wachsamkeit von Matthias Kastenhuber.
Neuburg an der Donau Rainer Martin, 55, wird diesen Tag nicht so schnell vergessen: Der Neuburger fuhr im September 2015 wie jede Woche zum Stammtisch durch die Luitpoldstraße, die zentrale Verkehrsader in Neuburg an der Donau.
Plötzlich sah er, wie sich am Straßenrand Szenen „brutalster Gewalt“abspielten, erzählt er ein Jahr später. Zwei Brüder traktierten einen am Boden liegenden Mann mit Faustschlägen und Tritten. Martin zögerte nicht, stellte sein Auto mitten in der Straße ab und eilte dem Opfer zu Hilfe. Er entschärfte die Situation, indem er einen Mann vom Opfer wegzog – und hatte Glück: Ein Messer war beim Gewaltakt auch im Spiel, doch er blieb unverletzt.
Straubing/Untermaxfeld Auch Ewald Mathias aus Untermaxfeld (Landkreis Neuburg-Schrobenhausen) hat in einer Ausnahmesituation genau richtig reagiert: Der 41 Jahre alte Mann war nur zufällig im niederbayerischen Straubing, als ein Schuhdieb in der Stadt an ihm vorbeirannte. Gemeinsam mit einem anderen Mann stellte er den Täter, der sich mit Schlägen und Tritten loszureißen versuchte. Die zwei Männer waren jedoch stärker. Bis auf einen blauen Fleck trug Mathias glücklicherweise keine Blessuren davon. (jöh, kuepp, sün, sh, ioa)