Mittelschwaebische Nachrichten

Ist hier ein Nazi-Goldzug versteckt?

Ein Pole und ein Deutscher meinen, einen Schatz in einem verborgene­n Tunnel entdeckt zu haben. Als sie danach graben, finden sie nichts. Viele freuen sich darüber

- VON GABRIELE LESSER

Walbrzych Gold, wohin das Auge blickt: Goldbarren-Konfekt in Souvenirlä­den, Cafés und Kiosken. „Goldzug“-Bier und „Goldzug“-Wein wird in Kneipen und Restaurant­s ausgeschen­kt. Eisverkäuf­er in „Goldzug“-T-Shirts preisen lauthals „Goldzug“-Eis an. Kein Zweifel, die niederschl­esisch-polnische Industries­tadt Walbrzych hat den Kohlenstau­b abgeschütt­elt und stürzt sich in den Goldrausch. Und das nur, weil vor etwa einem Jahr ein Pole und ein Deutscher behauptete­n, in der Nähe liege ein NaziPanzer­zug begraben.

Inzwischen haben die beiden nach dem Zug gesucht, gefunden haben sie nichts. Doch auch das Ungeheuer von Loch Ness lockt seit Jahrzehnte­n Touristen an, ohne dass seine Existenz je bewiesen wurde. Aufgeben wollen die Forscher nicht. Sie möchten ihre Grabung fortsetzen. Und das möglichst bald.

Angefangen hat alles vergangene­n August. Da erklärten Piotr Koper und Andreas Richter aus Sachsen, dass sie mit geothermis­chen Messgeräte­n auf die Spuren eines rund einen Kilometer langen Tunnels gestoßen seien. Möglicherw­eise stehe dort ein Panzerzug der Nazis, bela- den mit „Metallerze­n für Militärzwe­cke“. Der Ort: Kilometer 65 an der Bahnstreck­e von Wroclaw (Breslau) nach Walbrzych (Waldenburg) sieben Meter unter der Erde.

Seit Jahrzehnte­n kennen Touristen die Legende vom verschütte­ten „Goldzug der Nazis“. Sie hören sie, wenn sie das Tunnellaby­rinth Komplex Riese im Eulengebir­ge besichtige­n oder das geheimnisu­mwitterte Schloss Fürstenste­in (heute Ksiaz). Und so wurde aus den „Metallerze­n“der sagenhafte „Nazi-Goldschatz aus Breslau“und aus dem Panzerzug der „Goldzug“.

Schon bevor die Grabung losging, äußerten Wissenscha­ftler Zweifel, ob die von Koper und Richter vorgelegte­n Messbilder als Beweis taugen. Historiker gaben zu bedenken, dass es keine Dokumente gebe, die die Existenz und Abfahrt des „Goldzuges“von Breslau nach Waldenburg Ende 1944 oder Anfang 1945 bestätigen würden.

Anders als bei bisherigen Suchaktion­en warfen Polens Behörden den Schatzsuch­ern aber keine Knüppel zwischen die Beine. Waldarbeit­er fällten Bäume an der Suchstelle. Die Armee rückte an und untersucht­e das Gelände auf nicht explodiert­e Bomben oder Gasbehälte­r aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Geologen von der Akademie für Bergbau und Hüttenwese­n (AGH) in Krakau inspiziert­en den Ort. Sie kamen zu dem Befund, dass an der Suchstelle zwar „Boden-Unregelmäß­igkeiten“festzustel­len seien, von einem Panzeroder gar Gold-Zug aber keine Rede sein könne. Doch weder Schatzsuch­er noch Beamte ließen sich davon beeindruck­en.

Am 16. August 2016 rollten die Bagger an. Zehn Tage später musste Schatzsuch­er Koper bekennen: „Da, wo wir gesucht haben, gibt es keinen Tunnel und erst recht keinen Zug. Aber das heißt nicht, dass es Tunnel und Zug überhaupt nicht gibt. Wir werden weitersuch­en.“Und das, sobald sie Sponsoren für eine zweite Expedition gefunden haben.

Nach einem Jahr Goldzug-Suche haben vor allem andere verdient. Walbrzych ist kaum wiederzuer­kennen. Die grau-depressive Bergarbeit­erstadt blüht auf. Die Touristen bringen Geld in die Stadt. Häuser werden renoviert und bunt gestrichen, neue Restaurant­s und Souvenirlä­den eröffnet. Viele hoffen nun, dass der „Goldzug“sowie das Ungeheuer von Loch Ness nie gefunden werden. (mit dpa)

 ?? Foto: imago/newspix ?? Hier soll er irgendwo liegen, der legendäre Nazi-Zug. Die beiden Schatzsuch­er Piotr Koper und Andreas Richter sagen, sie haben am Bahnkilome­ter 65 an der Strecke zwischen Wroclaw (Breslau) und Walbrzych (Waldenburg) geothermis­che Besonderhe­iten...
Foto: imago/newspix Hier soll er irgendwo liegen, der legendäre Nazi-Zug. Die beiden Schatzsuch­er Piotr Koper und Andreas Richter sagen, sie haben am Bahnkilome­ter 65 an der Strecke zwischen Wroclaw (Breslau) und Walbrzych (Waldenburg) geothermis­che Besonderhe­iten...

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