Mittelschwaebische Nachrichten
Geschmacklos sind nur die anderen
Warum kaufen wir einen Akropolis-Senftopf? Die Antworten sind teils erstaunlich
Euro und ein Perlenarmband aus der Südsee zum Preis von über 30000 Euro. Und das teuerste Geschenk, das Passagiere an Londons Flughäfen erwerben können, ist ein limitierter Cognac der Marke Delamain im Wert von rund 7500 Euro – angeblich wird er mehrmals pro Monat gekauft.
Natürlich gibt es auch sparsamere Sammler. Bei einer älteren Umfrage des Psychologischen Instituts der Universität Köln hielten sich elf Prozent der Befragten an „seltsam geformte Steine“, auch die Muschelsammlung von bisher 27 Stränden oder das Bierdeckelalbum kosten höchstens Schweiß beim Zusammentragen. Ein 32-jähriger Studienrat schrieb in seinen Fragebogen als Antwort auf das „Was“gar: „Alles, was nix kostet“. Und immerhin 16 Prozent gaben an, die rechte Erinnerung käme für sie nur bei entwendeten Dingen auf.
Was kaufen die Deutschen im Urlaub? Am häufigsten ist es Kleidung, weiß eine repräsentative Umfrage von Media Control GmbH im Auftrag von L’TUR aus dem Jahr 2015: 80 Prozent stöbern gern in Klamottenläden, danach folgen Geschäfte für Parfüms und Schuhe (je 48 Prozent). Landestypische Speisen und Gewürze suchen rund 46 Prozent der Urlauber als Souvenir. Bei den Beschenkten kommt alles, was man aufessen oder -trinken kann, am allerbesten an.
Was sind überhaupt Souvenirs? Da wollen sich die Souvenir-Forscher Kristen Swanson und Dallen Timothy nicht festlegen. Sie lassen in einem Aufsatz für das Fachmagazin Tourism Management von 2012 alles gelten, was der Mensch so mitbringt von seiner Reise. Das kann eine geschnitzte Götterfigur aus Hawaii genauso sein wie ein abgelöstes Flaschenetikett oder ein Aschenbecher aus Altötting mit der Aufschrift „Wenn‘s Arscherl brummt, ist’s Herzerl g’sund“. Ganz pragmatisch sah es bereits in den 80er-Jahren der deutsche Völkerkundler Eno Beuchelt: „Souvenirs sind Dinge zur Erinnerung – an die schönsten Wochen des Jahres, an einen zauberhaften Seitensprung oder an das letzte unberührte Paradies auf der Erde.“
Warum bringt man sie mit, die Akropolis als Senftopf, den holländischen Holzschuh, das nackte Mädchen in Holz mit dem dicken Busen aus Kamerun? Da sind sich die Andenkenforscher Hugh Wilkins und Kristen Swanson einig: Ganz oben steht stets der Erinnerungswert.
Fast genauso wichtig sei jedoch der Neideffekt: Wie werden die Kollegen gucken, wenn da im Flur so eine Holzstatue steht, 1,50 Meter hoch – direkt aus Südafrika! Und nicht zu vergessen die vielen Dinge, die man sich schlicht hat aufschwatzen lassen – der kleine türkische Bub hatte eben so flehende Augen, und der charmanten Beredsamkeit von Youssuf aus Marrakesch konnte man auch nicht widerstehen...
Nicht immer kommen Mitbringsel bei den Beschenkten übrigens gleich gut an. Das Erfurter Sozialforschungsinstitut Insa Consulere hat im vergangenen Sommer für das Reiseportal Travelzoo die fünf unbeliebtesten Souvenirs erfragt. Danach rangieren ganz oben auf der Unbeliebtheitsskala „Spaßartikel mit sexy Aufdrucken“, gefolgt von pseudohistorischen Gipsbüsten und billigen Fälschungen, wie es sie zum Beispiel massenhaft bei Handtaschen, T-Shirts und Sonnenbrillen gibt. Bei letzteren greift der Schenkende sogar doppelt daneben: Er erntet nicht nur beim Beschenkten negative Reaktionen, sondern kann bei der Einreise auch noch Ärger mit dem Zoll bekommen.
Kunst oder Kitsch – die Frage ist so alt wie das Souvenir selbst. Schon der deutsche Souvenir-Doyen Eno Beuchelt hielt sich da heraus. „Souvenirs sind Dinge“, pflegte er zu sagen, „bei denen der gute Geschmack der a n d e r e n immer versagt“. Borgo Grotta Gigante ist ein kleiner Ort im Karst oberhalb von Triest gelegen. Hier liegt der Eingang zur größten Schauhöhle der Welt, Grotta Gigante eben, mit bis zu zwölf Meter hohen Stalagmiten. Ansonsten gibt es über den kleinen Ort nicht viel zu sagen, wenn sich die Hitze unten noch in den Gassen der Stadt steckt, weht hier vielleicht schon ein kleiner Wind. Ein gutes Restaurant liegt nicht weit vom Höhleneingang entfernt. Man kann von Borgo Grotta Gigante aus mit dem Rad oder zu Fuß den Karst erkunden, einen Abstecher nach Slowenien unternehmen und vom nahegelegenen Opicina mit der berühmten alten Straßenbahn gemütlich ins Zentrum von Triest hinunterfahren. Und dann gibt es noch Barbara und ihr Bed&Breakfast! Vor wenigen Monaten hat sie in einem renovierten alten Haus ihre Pension eröffnet. Drei Zimmer namens Sinfonia, Poesia, Armonia, eines davon mit vier Betten und einer kleinen Galerie, stil- wie liebevoll eingerichtet, an den Wänden blitzt noch altes Mauerwerk hervor, die Bäder sind besonders fein! Und das gilt auch fürs Frühstück, Rührei, Croissants, Melone, selbst gemachte Marmelade, am nächsten Tag Pfannkuchen, dann Strudel... Ach! Das entscheidende aber natürlich ist: die Gastgeberin selbst! Die Turinerin hat sich mit ihrer Pension einen Traum verwirklicht. Das leer stehende alte Bauernhaus entdeckte sie bei einer Fahrt auf dem Roller durchs Karst, Liebe auf den ersten Blick! Dann folgte, wie in jeder Beziehung, die Phase zwei: Alles so ändern, bis man zusammenpasst. In der linken Hälfte des Hauses lebt nun die Familie, in der rechten die Gäste, am großen Tisch im Innenhof treffen sich alle. Morgens beim Frühstück, abends bei Kerzenlicht und vielleicht einem Glas Wein .... So, wie es sich Barbara wünscht: Ein Haus voller Leben! Stefanie Wirsching * In unserer Rubrik „Zimmer-Service“stellen wir Hotels, Pensionen und Ferienhäuser vor, die unsere Redaktionsmitglieder und Mitarbeiter ausprobiert haben und bemerkenswert fanden.