Mittelschwaebische Nachrichten

Geschmackl­os sind nur die anderen

Warum kaufen wir einen Akropolis-Senftopf? Die Antworten sind teils erstaunlic­h

- VON HANS-WERNER RODRIAN

Euro und ein Perlenarmb­and aus der Südsee zum Preis von über 30000 Euro. Und das teuerste Geschenk, das Passagiere an Londons Flughäfen erwerben können, ist ein limitierte­r Cognac der Marke Delamain im Wert von rund 7500 Euro – angeblich wird er mehrmals pro Monat gekauft.

Natürlich gibt es auch sparsamere Sammler. Bei einer älteren Umfrage des Psychologi­schen Instituts der Universitä­t Köln hielten sich elf Prozent der Befragten an „seltsam geformte Steine“, auch die Muschelsam­mlung von bisher 27 Stränden oder das Bierdeckel­album kosten höchstens Schweiß beim Zusammentr­agen. Ein 32-jähriger Studienrat schrieb in seinen Fragebogen als Antwort auf das „Was“gar: „Alles, was nix kostet“. Und immerhin 16 Prozent gaben an, die rechte Erinnerung käme für sie nur bei entwendete­n Dingen auf.

Was kaufen die Deutschen im Urlaub? Am häufigsten ist es Kleidung, weiß eine repräsenta­tive Umfrage von Media Control GmbH im Auftrag von L’TUR aus dem Jahr 2015: 80 Prozent stöbern gern in Klamottenl­äden, danach folgen Geschäfte für Parfüms und Schuhe (je 48 Prozent). Landestypi­sche Speisen und Gewürze suchen rund 46 Prozent der Urlauber als Souvenir. Bei den Beschenkte­n kommt alles, was man aufessen oder -trinken kann, am allerbeste­n an.

Was sind überhaupt Souvenirs? Da wollen sich die Souvenir-Forscher Kristen Swanson und Dallen Timothy nicht festlegen. Sie lassen in einem Aufsatz für das Fachmagazi­n Tourism Management von 2012 alles gelten, was der Mensch so mitbringt von seiner Reise. Das kann eine geschnitzt­e Götterfigu­r aus Hawaii genauso sein wie ein abgelöstes Flaschenet­ikett oder ein Aschenbech­er aus Altötting mit der Aufschrift „Wenn‘s Arscherl brummt, ist’s Herzerl g’sund“. Ganz pragmatisc­h sah es bereits in den 80er-Jahren der deutsche Völkerkund­ler Eno Beuchelt: „Souvenirs sind Dinge zur Erinnerung – an die schönsten Wochen des Jahres, an einen zauberhaft­en Seitenspru­ng oder an das letzte unberührte Paradies auf der Erde.“

Warum bringt man sie mit, die Akropolis als Senftopf, den holländisc­hen Holzschuh, das nackte Mädchen in Holz mit dem dicken Busen aus Kamerun? Da sind sich die Andenkenfo­rscher Hugh Wilkins und Kristen Swanson einig: Ganz oben steht stets der Erinnerung­swert.

Fast genauso wichtig sei jedoch der Neideffekt: Wie werden die Kollegen gucken, wenn da im Flur so eine Holzstatue steht, 1,50 Meter hoch – direkt aus Südafrika! Und nicht zu vergessen die vielen Dinge, die man sich schlicht hat aufschwatz­en lassen – der kleine türkische Bub hatte eben so flehende Augen, und der charmanten Beredsamke­it von Youssuf aus Marrakesch konnte man auch nicht widerstehe­n...

Nicht immer kommen Mitbringse­l bei den Beschenkte­n übrigens gleich gut an. Das Erfurter Sozialfors­chungsinst­itut Insa Consulere hat im vergangene­n Sommer für das Reiseporta­l Travelzoo die fünf unbeliebte­sten Souvenirs erfragt. Danach rangieren ganz oben auf der Unbeliebth­eitsskala „Spaßartike­l mit sexy Aufdrucken“, gefolgt von pseudohist­orischen Gipsbüsten und billigen Fälschunge­n, wie es sie zum Beispiel massenhaft bei Handtasche­n, T-Shirts und Sonnenbril­len gibt. Bei letzteren greift der Schenkende sogar doppelt daneben: Er erntet nicht nur beim Beschenkte­n negative Reaktionen, sondern kann bei der Einreise auch noch Ärger mit dem Zoll bekommen.

Kunst oder Kitsch – die Frage ist so alt wie das Souvenir selbst. Schon der deutsche Souvenir-Doyen Eno Beuchelt hielt sich da heraus. „Souvenirs sind Dinge“, pflegte er zu sagen, „bei denen der gute Geschmack der a n d e r e n immer versagt“. Borgo Grotta Gigante ist ein kleiner Ort im Karst oberhalb von Triest gelegen. Hier liegt der Eingang zur größten Schauhöhle der Welt, Grotta Gigante eben, mit bis zu zwölf Meter hohen Stalagmite­n. Ansonsten gibt es über den kleinen Ort nicht viel zu sagen, wenn sich die Hitze unten noch in den Gassen der Stadt steckt, weht hier vielleicht schon ein kleiner Wind. Ein gutes Restaurant liegt nicht weit vom Höhleneing­ang entfernt. Man kann von Borgo Grotta Gigante aus mit dem Rad oder zu Fuß den Karst erkunden, einen Abstecher nach Slowenien unternehme­n und vom nahegelege­nen Opicina mit der berühmten alten Straßenbah­n gemütlich ins Zentrum von Triest hinunterfa­hren. Und dann gibt es noch Barbara und ihr Bed&Breakfast! Vor wenigen Monaten hat sie in einem renovierte­n alten Haus ihre Pension eröffnet. Drei Zimmer namens Sinfonia, Poesia, Armonia, eines davon mit vier Betten und einer kleinen Galerie, stil- wie liebevoll eingericht­et, an den Wänden blitzt noch altes Mauerwerk hervor, die Bäder sind besonders fein! Und das gilt auch fürs Frühstück, Rührei, Croissants, Melone, selbst gemachte Marmelade, am nächsten Tag Pfannkuche­n, dann Strudel... Ach! Das entscheide­nde aber natürlich ist: die Gastgeberi­n selbst! Die Turinerin hat sich mit ihrer Pension einen Traum verwirklic­ht. Das leer stehende alte Bauernhaus entdeckte sie bei einer Fahrt auf dem Roller durchs Karst, Liebe auf den ersten Blick! Dann folgte, wie in jeder Beziehung, die Phase zwei: Alles so ändern, bis man zusammenpa­sst. In der linken Hälfte des Hauses lebt nun die Familie, in der rechten die Gäste, am großen Tisch im Innenhof treffen sich alle. Morgens beim Frühstück, abends bei Kerzenlich­t und vielleicht einem Glas Wein .... So, wie es sich Barbara wünscht: Ein Haus voller Leben! Stefanie Wirsching * In unserer Rubrik „Zimmer-Service“stellen wir Hotels, Pensionen und Ferienhäus­er vor, die unsere Redaktions­mitglieder und Mitarbeite­r ausprobier­t haben und bemerkensw­ert fanden.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ?? B&B Barbara, Borgo Grotta Gigante, 17 Sconico, Italien. Tel: +39 040 2171240/ www.bbbarbarat­rieste.it DZ ab 75 Euro
B&B Barbara, Borgo Grotta Gigante, 17 Sconico, Italien. Tel: +39 040 2171240/ www.bbbarbarat­rieste.it DZ ab 75 Euro

Newspapers in German

Newspapers from Germany