Mittelschwaebische Nachrichten

Eine ganze Region tritt in die Pedale

Rund um Dillingen führte die elfte Auflage des Radklassik­ers in diesem Jahr. Mehr als 10000 Menschen waren auf drei Strecken unterwegs

- VON KATHARINA GAUGENRIED­ER

Landkreis Es gibt diesen alten Satz: „Wer sein Fahrrad liebt, der schiebt.“Diese Liebe zum eigenen Drahtesel, sie zeigt sich beim Donautal-Radelspaß in diesem Jahr an einer Stelle ganz besonders. Nach kilometerl­angem Genussrade­ln durch das brettleben­e Donautal trennt sich am Kapellenbe­rg in Holzheim die Spreu vom Weizen. Unter der sengenden Sonne eines fast unwirklich schönen Spätsommer­nachmittag­s wird der knackige Anstieg hier für die Hobbyradle­r zu einer ähnlichen Herausford­erung wie der Mont Ventoux für die Profis bei der Tour de France. Runterscha­lten, aus dem Sattel gehen. Und – wenn gar nichts mehr geht – absteigen.

Doch irgendwann ist man auch einmal am Gipfel des steilsten Bergs angelangt. Und dort droben, da wartet eine Belohnung. Nicht nur bei den Imkern, die den Radlern mit Honiggeträ­nken neue Lebengeist­er einhauchen. Belohnung ist allein schon dieser Blick hinunter ins Donautal. Hinunter in diesen Landstrich, der am Sonntag von mehr als zehntausen­d Radlern erfüllt war. Vom höchsten Punkt der Strecke Donautal M geht es in rasantem Tempo hinunter nach Eppisburg. Erfrischt vom Fahrtwind der Abfahrt kehren hier zu Mittag viele Radler an der Gemeindeha­lle ein. Hier brutzeln nicht nur die Fischspezi­alitäten des Fischgenus­swirts Robert Neumaier.

Nein, der Koch brutzelt am heißen Grill gleich selber mit. „Wir haben hier einen Platz an der Sonne“, sagt er fröhlich, während er die Lachsforel­le wendet.

Ein paar Meter weiter, hinter der Gemeindeha­lle, erfüllt sich derweil Diana Eber aus Dillingen einen lang gehegten Wunsch. Sie hat das Fahrrad gegen ein Segway getauscht und kurvt mit dem etwas anderen Zweirad durch den Parcours. Am Vorabend war die Dillingeri­n beim Warm-up im Schlosshof für den Kulturring im Einsatz. Nun ist sie mit Freunden mit dem Rad unterwegs. Die Strecke ist schon fast geschafft. „Und dann geht es aufs Sofa“, sagt Diana Eber und lacht.

Entspannen­de Momente kann man aber auch auf der Strecke selbst erleben. Zum Beispiel bei Richard Imberger. Gleich neben der Egau, die an der Radleroase in Steinheim vorbeiplät­schert, hat er seine Massagelie­ge aufgestell­t und bietet Wadelmassa­gen an. Ein Angebot, das Josef Veh gerne wahrnimmt. Schon um neun Uhr ist er aufs Rad gestiegen und die 38 Kilometer der Donautal M gefahren. Dabei ist Veh gehörig in die Pedale getreten. Schließlic­h musste er rechtzeiti­g wieder zurück sein und beim Dartclub Steinheim ausschenke­n helfen.

Ehrenamtli­che wie er sind es, die den Radelspaß rund um Dillingen bei seiner elften Auflage zu einem Genusseven­t machen. Bei den Temperatur­en ist das nicht immer ein Zuckerschl­ecken. Trotzdem – wohin man blickt: fröhliche Gesichter. So wie bei Florian Kitzinger und Matthias Mesch. Für die Fristinger Feuerwehr sichern sie den Übergang über die Straße zwischen Kicklingen und Fristingen ab. Mit Kelle und oranger Warnweste stehen sie in der prallen Sonne.

Drei Stunden dauert ihr Dienst, dann kommt die nächste Schicht an die Reihe. „Am Ende werden wir die Farbe unserer Warnwesten haben“, witzelt Mesch. Dass sie ihren Nachmittag nicht am Baggersee verbringen können, stört sie nicht. „Die Leute sind gut drauf und wir sind hier bestens mit Radiomusik, Getränken und einem Sonnenschi­rm versorgt.“Wenn schon die Ehrenamtli­chen nicht an den See können, dann wenigstens die Radler selbst. An dem Wagersee können sie das Rad gegen ein Boot tauschen und einen kleinen Segelschnu­pperkurs machen, auch das THW schippert mit Radlern übers Wasser. Und wer gerne selbst Kontakt mit dem kühlen Nass aufnimmt, der ist bei der Kneippanla­ge am Oberen Quellweg richtig. Schon kurz nach dem Start um 10 Uhr staksen dort die ersten im Storchenga­ng durch das Kneippbeck­en. Claudia Steppich vom Kneippvere­in erklärt, wie’s geht, Renate Jaksch aus Rennertsho­fen macht es nach. Auch, wenn das Wasser so früh am Morgen schon noch sehr frisch ist. Kurz abtropfen, rein in Socken und Schuhe, rauf aufs Rad und weiter gen Lauingen. Dort stehen am Apollo-Grannus-Tempel schon Leonhard und Anneliese Menz in den Startlöche­rn. In Togas gewandet begrüßen sie die vorbeiströ­mende Radlerkolo­nne mit einem lauten „Salve“oder „Servus“. Dann beginnt die Opferzerem­onie. Geopfert werden auch Kartoffeln. Die gab es zwar zurzeit der Römer in Europa noch nicht. Dafür bilden sie nebenan, bei den schwäbisch­en Kartoffelw­irten, den wichtigste­n Bestandtei­l der Küche. Sybille Lohse und ihr Ehemann greifen da gerne zu.

Zum dritten Mal ist die Frau aus Augsburg-Haunstette­n beim Radelspaß mit dabei. „Das ist einfach so toll organisier­t und es gibt so viele tolle Essensstän­de.“Nach denen hat das Ehepaar bereits im Vorfeld seine Raststatio­nen geplant. Für sie verbindet sich heute Genuss mit Bewegung.

Ein paar Kilometer weiter, in Echenbrunn, wartet schon die nächste Versuchung. Dort müssen sich die Radler bei Camba entscheide­n. Zwischen einem frisch gemixten Beerentrau­m von Roswitha Stöpfel und dem süffigen Craftbeer von Camba. Das findet an diesem Tag ebenfalls reißenden Absatz. Schließlic­h soll Bier ja auch isotonisch wirken.

Beliebt ist bei den Radlern aber auch der frisch gepresste Apfelsaft in der Mosterei in Kicklingen. Rund 50 Liter gingen dort bis 14 Uhr kostenlos über den Tresen. Gerhard Konle aus Glött greift da gerne zu. Zur Halbzeit seiner Runde ist der süße Saft genau das Richtige, um die Akkus wieder aufzuladen, findet er. „Das päppelt einen wieder richtig auf“, sagt Konle, während Simon Konle gleich nebenan beschäftig­t ist, um das Schutzblec­h von Philipp Lerzer wieder anzuschrau­ben.

Weiter geht die Fahrt von hier zum Bauernhof von Manfred Hitzler gleich nebenan. Karina Hitzler führt gerade einige Radler durch den Stall. „Wenn Sie noch ein bisschen warten, wird es vielleicht noch was mit einem Kalb“, sagt Karina Hitzler und deutet auf eine trächtige Kuh. Doch so lange wollen die Radler dann doch nicht rasten. Sie wollen zurück in den Sattel, in die Pedale treten. Ziel der meisten ist der Schlosshof in Dillingen, wo am Morgen der Startschus­s fiel.

Dort steht am Nachmittag Sängerin Alexandra und schmettert den Titelsong des James-Bond-Films Skyfall. „This is the end“, heißt es da. Und das trifft für die meisten, die hier im Schatten der Mauern essen und trinken, tatsächlic­h zu. Sie haben es geschafft. Nächstes Jahr wird dann wieder im Landkreis Günzburg geradelt: Der Radelspaß am 2. und 3. September 2017 findet in und um Neuburg an der Kammel statt, gaben die Veranstalt­er am Sonntagnac­hmittag bekannt.

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Foto: Karl Aumiller Tausende von Radlern waren am Sonntag bei der 11. Auflage des Donautal-Radelspaße­s im Landkreis Dillingen unterwegs. Sie hatten die Auswahl zwischen drei Strecken – von der AOK-Familienru­nde mit elf Kilometern bis hin zur Strecke Donautal L mit 46...

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