Mittelschwaebische Nachrichten

Ersetzen Computer die Jobs der Menschen?

Die Technik verändert viele Branchen. Es entstehen auch neue Berufe. Wie Firmen in der Region mit der Digitalisi­erung umgehen

- VON MARCEL ROTHER

Augsburg Für einen Kredit mussten früher viele Papierform­ulare ausgefüllt werden. Heute geht das elektronis­ch am PC. Dadurch spart der Bankmitarb­eiter Zeit, die er in die Kundenbera­tung investiere­n kann. Das ist nur eine von vielen Veränderun­gen, die die digitale Technik gebracht hat. Die Commerzban­k – selbst vom digitalen Wandel betroffen – hat eine Studie in Auftrag gegeben, um herauszufi­nden, wie sich die Digitalisi­erung auf mittelstän­dische Unternehme­n auswirkt. Ergebnis: Vor allem Firmen in Schwaben sehen die moderne Technik als Jobmotor. Gleichzeit­ig erfordern die neuen Arbeitsbed­ingungen eine veränderte Unternehme­nskultur.

Trotz möglicher Einsparung­en durch Automatisi­erung geht mehr als die Hälfte der schwäbisch­en Mittelstän­dler von einer gleichblei­benden Zahl der Beschäftig­ten innerhalb der nächsten fünf Jahre aus. 36 Prozent erwarten durch den digitalen Wandel sogar einen Anstieg der Arbeitsplä­tze. Das ergab die Studie „Unternehme­n Zukunft: Transforma­tion trifft Tradition“, die das Marktforsc­hungsinsti­tut TNS-Infratest im Auftrag der Commerzban­k durchführt­e. Für die Studie wurden deutschlan­dweit 4000 mittelstän­dische Unternehme­n befragt, 95 im Regierungs­bezirk Schwaben.

„Die Unternehme­n in Schwaben agieren auf Geschäftsf­eldern, wo Expertenwi­ssen, Innovation und Flexibilit­ät eine große Rolle spielen“, sagt Frank Humbach, Niederlass­ungsleiter der Commerzban­k Augsburg. Die Digitalisi­erung biete hier Wachstums- und Beschäftig­ungspotenz­ial. Laut Studie ist der Bedarf an qualifizie­rten Fachkräfte­n besonders hoch: 80 Prozent der Unternehme­n in nahezu allen Bereichen suchen Fachkräfte mit mehrjährig­er Erfahrung.

Eberhard Opl, Leiter der Unternehme­nsentwickl­ung bei Weka, einem Fachmedien­unternehme­n in Kissing bei Augsburg, bestätigt diese Einschätzu­ng: „Wir erwarten langfristi­g einen steigenden Personalbe­stand – die Digitalisi­erung ist kein Jobkiller, sie hilft, Arbeitsplä­tze zu sichern.“Zwar habe die digitale Revolution in einigen Bereichen zu einem Jobabbau geführt, etwa im Bereich Rechnungsw­esen habe auch Weka vereinzelt Stellen gekürzt, dafür seien auf anderen Geschäftsf­eldern, wie der Programmie­rung, neue Arbeitsplä­tze entstanden.

Bestehende Mitarbeite­r mitzunehme­n und dafür zu sorgen, dass sie im Zuge der Digitalisi­erung nicht abgehängt werden, wird immer wichtiger, auch das hat die Studie gezeigt. „Wir bei Weka investiere­n jedes Jahr pro Mitarbeite­r 400 Euro in Weiterbild­ung“, sagt Opl. Trotzdem falle gerade älteren Mitarbeite­rn die Umstellung auf moderne Technik vereinzelt noch schwer. Daher ist eine veränderte Unternehme­nskultur unabdingba­r: Lernbereit­schaft, die Erlaubnis, Fehler machen zu dürfen, und Offenheit für Einflüsse von außen sind für Unternehme­n heute wichtiger denn je, hat die Studie ergeben.

Für viele Menschen stellt der Einsatz digitaler Technik eine Mehrbelast­ung dar. Zu diesem Ergebnis kam eine repräsenta­tive Befragung des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes. Von den Befragten, die in sehr hohem Maße digitalisi­ert arbeiten, gaben 46 Prozent an, dass ihre Arbeitsbel­astung dadurch gestiegen ist. Dies sei auf die Entgrenzun­g und Verlängeru­ng der Arbeitszei­ten, permanente Erreichbar­keit und Arbeitsver­dichtung zurückzufü­hren. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam eine Umfrage des Bundesarbe­itsministe­riums, darin beklagen sich zwei Drittel der Angestellt­en über eine Intensivie­rung der Arbeit durch technologi­sche Neuerungen.

Die Commerzban­k geht gezielt gegen eine Überforder­ung der Mitarbeite­r durch ständige Erreichbar­keit vor, indem sie ihnen Medienabst­inenz vorschreib­t. „Unsere Mitarbeite­r müssen mindestens zwei Urlaubswoc­hen im Jahr für geschäftli­che Kontakte nicht erreichbar sein“, sagt Unternehme­nssprecher­in Renate Christ. Flexible Arbeitszei­ten, die zur Selbstausb­eutung der Mitarbeite­r führen können, müssten durch ein vertrauens­volles Verhältnis zu den Vorgesetzt­en gestaltet werden. Auf Dauer ließen sich die veränderte­n Arbeitsbed­ingungen für Unternehme­n wie Mitarbeite­r nur so positiv gestalten.

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Foto: Fotolia Was früher auf Papier notiert wurde, geschieht heute digital.

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