Mittelschwaebische Nachrichten
Wie sicher ist das Oktoberfest?
Zaun, Kameras, Rucksackverbot – das größte Volksfest der Welt wird heuer besonders streng kontrolliert. Wie Bürgermeister und Wiesn-Chef Josef Schmid die Lage einschätzt
Herr Schmid, Sie sind heuer wieder Wiesn-Chef. Bald geht es los. Sind Sie froh, dass der mobile Zaun nun doch durchgewunken wurde? Schmid: Darüber bin ich schon froh, weil wir so das Thema „drohende Überfüllung“besser bewältigen können. Weil ich Besucher logischerweise nur über die Eingänge dosieren kann, wenn ich die letzte Sicherheitslücke von 350 Metern schließe. Mit dem mobilen Zaun haben wir jetzt Steuerungs- und Dosierungsmöglichkeiten. Die letzten Wochen habe ich mit den Fachleuten hart daran gearbeitet, um ein Sicherheitskonzept zu erstellen, das geeignet, erforderlich und angemessen ist.
Sie haben gesagt, mit dem Zaun ist die Dosierungsmöglichkeit besser? Wie meinen Sie das? Schmid: Zunächst einmal ändert sich nicht viel, die Wiesn war bereits bisher zu zwei Dritteln eingezäunt. Nur die Sicherheitslücke an der Hangkante zur Theresienhöhe war eben noch da und die wird durch den Zaun nun geschlossen. Wir haben auch dieses Jahr 13 Eingänge, an denen die Besucher auf das Wiesn-Gelände kommen können. Wenn jetzt tatsächlich der Überfüllungsfall droht, dann haben wir ein Stufenkonzept. Die erste Stufe sieht vor, dass wir die Besucher über die Medien aufrufen: ,Achtung! Heute wird’s voll auf dem Oktoberfest.‘ Das war bisher auch immer so, ist also nichts Neues. Wenn es noch voller wird, machen wir die großen Eingänge zu. In einer weiteren Stufe lässt man die U-Bahn durchfahren, das hatten wir auch schon. In der letzten Stufe wäre es so, dass man tatsächlich das ganze Fest dichtmachen würde. Das habe ich aber selber noch nie erlebt. Das sind die verschiedenen Dosierungsmöglichkeiten. Man kann auch temporär den einen oder anderen Eingang auf dem Oktoberfest für eine halbe Stunde schließen, sodass sich die Lage wieder entspannt.
Kam das schon einmal vor? Schmid: Ja, wir hatten im vergangenen Jahr am Tag der Deutschen Einheit so eine Situation. Da haben die Ordner mit Flatterband versucht, die Besucherströme zu koordinieren. Das hat allerdings nicht optimal funktioniert.
Herr Schmid, Sie haben bereits Änderungen auf dem Oktoberfest angesprochen. Was ist in Hinblick auf die Sicherheit noch neu? Schmid: Wir haben jetzt ein Rucksackund Taschenverbot. Das werden wir dieses Jahr mit flächendeckenden Kontrollen sicherstellen. Wer also auf die Wiesn geht, ganz normal im Dirndl, in der Lederhose oder in Jeans und hat weiter nichts dabei, der geht problemlos an den Ordnern vorbei. Da wird es auch nicht zum Rückstau kommen. Wenn aber tatsächlich ein Behälter von größerem Volumen mitgeführt wird, wird der Besucher gleich am Eingang zu bestimmten Aufbewahrungsstellen gebeten. Der Gast kann den Rucksack später wieder abholen. Aber das soll wirklich nur der Ausnahmefall sein, im Idealfall bringen die Gäste gar keine größeren Taschen mit. Wenn jemand auf einen Rucksack angewiesen ist, ein Zuckerkranker oder Rollstuhlfahrer zum Beispiel, der darf ihn natürlich mitführen. Der Rucksack wird jedoch gekennzeichnet, damit andere Gäste nicht erschrecken. Die Bedienungen dürfen ihre Wechselkleidung natürlich ebenfalls im Rucksack mitnehmen. Auch vor dem Hintergrund des Rucksackverbots macht der neue Sicherheitszaun natürlich sehr viel Sinn. Denn es kann ja keine effizienten Kontrollen geben, wenn es gleichzeitig möglich ist, jenseits der Eingänge ungehindert auf die Wiesn zu gelangen. Zusätzlich haben wir die Zahl der Ordner massiv aufgestockt: Heuer werden 450 statt 250 Ordner auf dem Festgelände unterwegs sein.
Wie sieht es denn mit Kameras auf dem Oktoberfest aus? Schmid: Draußen auf dem Festgelände sind Kameras – die gibt es schon seit Jahren. Und dann haben wir ja noch die fest installierten Poller, damit so etwas wie in Nizza nicht passieren kann.
Wie schätzen Sie denn die Wiesn 2016 ein? Kommen weniger Besucher wegen der Vorfälle von München, Ansbach und Würzburg? Schmid: Es gibt Menschen, die sagen: ,Wir gehen dieses Jahr nicht auf die Wiesn.‘ Die versuche ich zu überzeugen, dass sie doch noch aufs Oktoberfest gehen. Ich finde, wir sollten wegen der Bedrohungen, gerade terroristischer Art, nicht unsere Alltagsgewohnheiten ändern. Damit hätten die Terroristen ja schon ihre Ziele erreicht. Genau das wollen die. Was wir haben, das ist eine erhöhte, abstrakte Gefährdungslage – mehr nicht. Es gibt keine konkrete Gefährdungslage. Es kann dir theoretisch überall etwas passieren, in der U-Bahn, am Marienplatz, im Zug nach Köln – nur auf dem Oktoberfest haben wir zusätzlich eine Vielzahl von Polizisten und Ordnern. Also, ich bin guter Dinge, wir haben alles Erforderliche getan. Die Mehrzahl der Menschen fühlt sich sicher, die sehen, was wir alles gemacht haben, und gehen unbesorgt aufs Oktoberfest.
Interview: Felicitas Macketanz