Mittelschwaebische Nachrichten
Mehr Geburten bringen Hebammen ans Limit
Noch ist die Versorgung in den Kliniken in Günzburg und Krumbach gewährleistet. Aber die Belastung steigt
Landkreis Auf der einen Seite kommen wieder mehr Kinder zur Welt, auf der anderen sinkt die Zahl der Hebammen, die sich um Babys und Eltern kümmern: Der Streit um die Höhe der Haftpflichtversicherung macht sich immer deutlicher bemerkbar. Die regionale Versorgung mit Geburtsstationen werde dadurch bedroht, warnt die bayerische Krankenhausgesellschaft. An den Kreiskliniken in Günzburg und Krumbach gebe es aber noch genug Beleghebammen, versichert Vorstand Dr. Volker Rehbein – allerdings werde die Lage schwieriger.
Während in anderen Krankenhäusern schon überlegt wird, angesichts der Probleme Hebammen fest anzustellen, sei das im Landkreis Günzburg noch nicht angedacht – auch wenn es immer mal wieder Thema gewesen sei, etwa im Zuge der Planungen für die neue Hauptabteilung Gynäkologie und Geburtshilfe in Günzburg. Da „das System bei uns noch tragfähig ist“, gebe es aber auch bei steigenden Geburtenzahlen noch keine konkreten Überlegungen dazu. „Wir müssen erst abwarten, was die neue Hauptabteilung bringt“, sagt Rehbein, zumal es auch in Dillingen Pläne für ein solch neues Angebot gebe und die Geburtshilfe in Illertissen geschlossen wurde. Fest steht jedenfalls, dass die Zahl der in der Günzburger Klinik auf die Welt gekommenen Babys steigt: Waren es im Jahr 2013 insgesamt 444, so wurden im vergangenen bereits 526 gezählt. Bis Ende August dieses Jahres waren es schon 350, gerechnet wird mit gut 560 bis Jahresende. Am Standort Krumbach kamen im vergangenen Jahr 331 Kinder zur Welt, bislang waren es 2016 bereits 228. Prognostiziert sind 342. Zwar spielten auch Asylbewerberinnen eine Rolle, doch sie seien nur für 30 bis 35 Kinder mehr verantwortlich.
Auch wenn Klinikvorstand Rehbein sagt, dass es noch genug Beleghebammen gebe, so wird die Arbeitsbelastung für die vorhandenen größer. Marika Schneider ist zusammen mit fünf weiteren am Standort Krumbach tätig und sie sagt, dass sie es in 27 Jahren Berufszeit jetzt das erste Mal erlebt habe, dass drei Hebammen zur gleichen Zeit Dienst tun mussten. Im August habe es enorm viele Geburten gegeben, zudem sei die personelle Ausstattung durchaus eng bemessen. In der Urlaubszeit und wenn eine Frau plötzlich eine unangemeldete Nachsorge benötige, werde es schwierig. Zudem würden die Aufgaben mehr und intensiver, etwa die Betreuung der Familien nach der Geburt. Um die Dienste müssten sich die Hebammen aber selbst kümmern und die Suche nach einer neuen Kollegin sei enorm schwierig, da Jüngere feste Arbeitszeiten wollten und daher eher in einer Praxis arbeiteten. Neben weiteren Hebammen wünscht sie sich auch mehr Gynäkologen auf dem Land, um die Frauen besser versorgen und Aufgaben verteilen zu können. Dass es einmal eine Einigung bei der Haftplichtversicherung gibt, glaubt sie jedenfalls nicht. Eher werde auch bei der Geburtshilfe die Zentralisierung zunehmen, doch darunter leide die Beziehung zwischen Hebamme und Eltern.
Am Limit ist auch das Team der Praxis Levana, das Beleghebammen im Günzburger Krankenhaus stellt. Zwar sei die Versorgung in der Klinik noch gewährleistet und es werde niemand abgewiesen, aber die Belastung steige spürbar, sagt Hebamme Carola Dilger-Lott. Sie wird auch früher aus ihrer eigenen Elternzeit zurückkehren, um die Kolleginnen zu unterstützen. Schließlich sei es schwer genug, freie Stellen wieder zu besetzen, wenn überhaupt meldeten sich nur Anfängerinnen. Derzeit gebe es an der Günzburger Klinik sechs Hebammen, normalerweise seien es neun. In größeren Städten werde es für die Frauen zunehmend schwierig, noch Hebammen für die Nachsorge zu finden, und auch im Landkreis Günzburg sieht sie in der Zukunft ein solches Versorgungsproblem. Doch dann müssten die Frauen öfter zum Arzt gehen, was wiederum in den Praxen für Engpässe sorgen werde. Es müsse daher endlich das Problem der Haftpflichtversicherung angepackt werden, damit der Beruf wieder attraktiver werde. Eine Kollegin habe bereits aufgehört und in einer Praxis als Arzthelferin angefangen. Dilger-Lott und ihre Kolleginnen sind froh, dass sie in Günzburg zumindest eine Rufbereitschaftspauschale bekommen. Über weitere Unterstützung würden sie sich trotzdem freuen.