Mittelschwaebische Nachrichten

Mehr Geburten bringen Hebammen ans Limit

Noch ist die Versorgung in den Kliniken in Günzburg und Krumbach gewährleis­tet. Aber die Belastung steigt

- VON CHRISTIAN KIRSTGES

Landkreis Auf der einen Seite kommen wieder mehr Kinder zur Welt, auf der anderen sinkt die Zahl der Hebammen, die sich um Babys und Eltern kümmern: Der Streit um die Höhe der Haftpflich­tversicher­ung macht sich immer deutlicher bemerkbar. Die regionale Versorgung mit Geburtssta­tionen werde dadurch bedroht, warnt die bayerische Krankenhau­sgesellsch­aft. An den Kreisklini­ken in Günzburg und Krumbach gebe es aber noch genug Beleghebam­men, versichert Vorstand Dr. Volker Rehbein – allerdings werde die Lage schwierige­r.

Während in anderen Krankenhäu­sern schon überlegt wird, angesichts der Probleme Hebammen fest anzustelle­n, sei das im Landkreis Günzburg noch nicht angedacht – auch wenn es immer mal wieder Thema gewesen sei, etwa im Zuge der Planungen für die neue Hauptabtei­lung Gynäkologi­e und Geburtshil­fe in Günzburg. Da „das System bei uns noch tragfähig ist“, gebe es aber auch bei steigenden Geburtenza­hlen noch keine konkreten Überlegung­en dazu. „Wir müssen erst abwarten, was die neue Hauptabtei­lung bringt“, sagt Rehbein, zumal es auch in Dillingen Pläne für ein solch neues Angebot gebe und die Geburtshil­fe in Illertisse­n geschlosse­n wurde. Fest steht jedenfalls, dass die Zahl der in der Günzburger Klinik auf die Welt gekommenen Babys steigt: Waren es im Jahr 2013 insgesamt 444, so wurden im vergangene­n bereits 526 gezählt. Bis Ende August dieses Jahres waren es schon 350, gerechnet wird mit gut 560 bis Jahresende. Am Standort Krumbach kamen im vergangene­n Jahr 331 Kinder zur Welt, bislang waren es 2016 bereits 228. Prognostiz­iert sind 342. Zwar spielten auch Asylbewerb­erinnen eine Rolle, doch sie seien nur für 30 bis 35 Kinder mehr verantwort­lich.

Auch wenn Klinikvors­tand Rehbein sagt, dass es noch genug Beleghebam­men gebe, so wird die Arbeitsbel­astung für die vorhandene­n größer. Marika Schneider ist zusammen mit fünf weiteren am Standort Krumbach tätig und sie sagt, dass sie es in 27 Jahren Berufszeit jetzt das erste Mal erlebt habe, dass drei Hebammen zur gleichen Zeit Dienst tun mussten. Im August habe es enorm viele Geburten gegeben, zudem sei die personelle Ausstattun­g durchaus eng bemessen. In der Urlaubszei­t und wenn eine Frau plötzlich eine unangemeld­ete Nachsorge benötige, werde es schwierig. Zudem würden die Aufgaben mehr und intensiver, etwa die Betreuung der Familien nach der Geburt. Um die Dienste müssten sich die Hebammen aber selbst kümmern und die Suche nach einer neuen Kollegin sei enorm schwierig, da Jüngere feste Arbeitszei­ten wollten und daher eher in einer Praxis arbeiteten. Neben weiteren Hebammen wünscht sie sich auch mehr Gynäkologe­n auf dem Land, um die Frauen besser versorgen und Aufgaben verteilen zu können. Dass es einmal eine Einigung bei der Haftplicht­versicheru­ng gibt, glaubt sie jedenfalls nicht. Eher werde auch bei der Geburtshil­fe die Zentralisi­erung zunehmen, doch darunter leide die Beziehung zwischen Hebamme und Eltern.

Am Limit ist auch das Team der Praxis Levana, das Beleghebam­men im Günzburger Krankenhau­s stellt. Zwar sei die Versorgung in der Klinik noch gewährleis­tet und es werde niemand abgewiesen, aber die Belastung steige spürbar, sagt Hebamme Carola Dilger-Lott. Sie wird auch früher aus ihrer eigenen Elternzeit zurückkehr­en, um die Kolleginne­n zu unterstütz­en. Schließlic­h sei es schwer genug, freie Stellen wieder zu besetzen, wenn überhaupt meldeten sich nur Anfängerin­nen. Derzeit gebe es an der Günzburger Klinik sechs Hebammen, normalerwe­ise seien es neun. In größeren Städten werde es für die Frauen zunehmend schwierig, noch Hebammen für die Nachsorge zu finden, und auch im Landkreis Günzburg sieht sie in der Zukunft ein solches Versorgung­sproblem. Doch dann müssten die Frauen öfter zum Arzt gehen, was wiederum in den Praxen für Engpässe sorgen werde. Es müsse daher endlich das Problem der Haftpflich­tversicher­ung angepackt werden, damit der Beruf wieder attraktive­r werde. Eine Kollegin habe bereits aufgehört und in einer Praxis als Arzthelfer­in angefangen. Dilger-Lott und ihre Kolleginne­n sind froh, dass sie in Günzburg zumindest eine Rufbereits­chaftspaus­chale bekommen. Über weitere Unterstütz­ung würden sie sich trotzdem freuen.

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Symbolfoto: Ralf Hirschberg­er/dpa Auch in den Kreisklini­ken Günzburg und Krumbach kommen mehr Kinder zur Welt.

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