Mittelschwaebische Nachrichten
Was ist gerecht?
Der Vorwurf, Politiker und Eliten entscheiden über die Köpfe der Bürger hinweg, ist in der jüngeren Vergangenheit ja häufig geäußert worden. Ob bei den Wutbürgerprotesten gegen Stuttgart 21, der Flüchtlingspolitik ganz allgemein oder konkret im Asternweg in Krumbach. Sicher mag mancher Protest durch schnöden Egoismus befeuert sein. Der Individualismus pluraler Gesellschaften hat den Blick vielfach auf den Horizont des eigenen Tellerrandes verengt. Jeder ist sich schließlich selbst der Nächste. Vor allem wenn es um den eigenen Geldbeutel geht. Das ist in gewissem Maße auch legitim.
Doch gerade deshalb muss der Vorwurf an die Politik, die Bürger nicht mitzunehmen, ernst genommen werden. Die Stadtverwaltung handelt im Asternweg und andernorts, wenn es um die Umlage von Straßenausbaubeiträgen geht, immer nach dem Buchstaben des Gesetzes. Es geht bei dieser Debatte auch weniger um Recht oder Unrecht. Eine gefühlte Wahrheit kann auch Realität sein. Es reicht nicht, nur die Köpfe zu erreichen. Auch die Herzen müssen gewonnen werden. Es geht dabei vor allem darum, den Bürgern zu erklären, was die Politik macht, nach welchen Zwängen sie agiert. Etwa, dass die Stadt Krumbach jeden Cent, den sie ausgibt, von ihren Bürgern erhält. Als Steuern, Gebühren oder eben als Beitrag für den Ausbau von Straßen oder anderer Infrastrukturmaßnahmen. Sie hat keine anderen Einnahmemöglichkeiten. Irgendwoher muss das Geld aber kommen.
Die Frage, wie die Besteuerung der Bürger gerecht zu gestalten ist, ist dabei fast schon eine philosophische. Die Stadt Immenstadt beispielsweise hat keine Straßenausbaubeitragssatzung. Hier trägt die Allgemeinheit die Kosten für jede Baumaßnahme. Weil die Löcher in der Haushaltskasse aber immer größer wurden und nun große Investitionen für Schulen anstehen, musste die Kommune zu einem drastischen Mittel greifen. In einer knappen Abstimmung votierte der Stadtrat dafür, den Hebesatz für die Grundsteuer um 65 Prozent nach oben. Die Stadt hat nun den höchsten Grundsteuersatz ganz Bayerns. Über die Frage, wie gerecht das ist, wird in Immenstadt derzeit heftig gestritten.