Mittelschwaebische Nachrichten
Atommüll: Wer hat die beste Lösung?
Strahlenschutzamt-Chef Wolfram König war in Dillingen zu Gast. Er drängt zu einer schnellen Entscheidung – und will den Gundremmingern ihre Angst vor einem Endlager nehmen
Dillingen/Gundremmingen Die Sonne strahlt noch überm Donauried, als drinnen im Stadtsaal am Kolpingplatz die Deckenlampen angehen. Sie werfen ein schimmerndes Kunstlicht auf ein sensibles Thema, das nicht minder zu Strahlungen fähig ist und in dieser Stunde mit einem prominenten Gast diskutiert werden soll. Rechts vom Podium grinst die Sonne in knallroter Farbe und vor gelbem Hintergrund von einer Fahne herunter, auf der in Form von schwarzen Buchstaben eine Frage steht, die umgehend selbst beantwortet wird: „Atomkraft? Nein Danke“. Links vom Rednerpult verlangt ein langes „Werbe“-Banner das „Abschalten von Gundremmingen vor dem GAU“.
Unter den gut 150 Gästen der In- formationsveranstaltung der Bürgerinitiative (BI) Forum und dem Bündnis gegen ein Atommüll-Lager in Nordschwaben sitzen auch einige ergraute Zeitgenossen, die schon bewegte Tage vor den Toren von Gorleben, Wackersdorf oder Mutlangen hinter sich gebracht haben oder sich in den 1980er-Jahren einem zweiten Kernkraftwerk im Donauried mutig in den Weg stellten.
In den Reihen zeigen sich zudem viele junge Gesichter, die an die in der Einladung gestellte Frage des Veranstalters erinnern: „Das Zwischenlager ist noch für weitere 30 Jahre genehmigt – was werden unsere Enkel dazu sagen?“Wolfram König will sie aber schon in diesen Minuten beantworten: „Wir müssen schnell entscheiden und handeln, damit wir ein sicheres Endlager be- kommen“, rät der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), der nach der Übernahme des Hauses im Jahr 1999 auch Chef des neuen Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) wurde.
Will heißen: Das Bestreben mancher politischer Gremien, darauf zu hoffen, dass künftigen Generationen eine bessere Lösung der Entsorgungsfragen einfallen könnte, lehnt der Mann aus Berlin ab. „Das muss transparent und vor allem zügig gelöst werden.“Auch den Export der Abfälle in andere Staaten: „Mongolei, Sibirien? Vergessen Sie es – wir tragen da eine große Verantwortung für alle Länder.“Allerdings kann der kompetente Ex-Minister von Bündnis 90/Die Grünen, der an diesem Abend als eloquenter, besonnen wirkender Intellektueller die Besucher in seinen Bann zieht, zunächst auch nur über aktuelle, aber gescheiterte Konzepte berichten. Stichwort Asse – die niedersächsische Schachtanlage und ehemaliges Salzbergwerk, in dem radioaktive Abfälle vor sich hin rotten. Eine große Aufnahme hinter seinem Rücken gibt einen Ausschnitt aus den chaotischen Zuständen in der zur Müllkippe degenerierten Anlage wieder, in der einst die finale Aufbewahrung ausprobiert wurde. Es hätte das erste Endlager auf der ganzen Erde werden können. „Asse – eine schlimme Situation, die beendet werden muss, indem wir die Sachen da wieder herausholen.“
Gleichzeitig versucht der BfSMann den Gundremminger Anliegern die Ängste vor einem Schreckensbild zu nehmen, nämlich dass aus dem vor einem Jahrzehnt entstandenen Zwischenlager eine Art Endstation werden soll, die laut dem BI-Vorsitzenden Raimund Kamm wegen der zahlreichen Terrorgefahren ohnehin neu gebaut und vielmehr unter die Erde gehöre.
Zwischenlösung sei eine temporäre Sache, betont Wolfram König, die Suche nach einem Endlager daher ein absolutes Muss. „Aber wir stehen erst am Anfang.“Daher wundert sich der Besucher mit einem Dienstsitz in der umtriebigen Bundeshauptstadt, dass Atomthemen nicht einmal bei den Etat-Debatten der vergangenen Woche im Bundestag eine Rolle gespielt hätten. „Die Lagerung unseres Atommülls muss aber unbedingt in unserem Bewusstsein bleiben“, fordert der Amtschef. Und: „Wenn ich innerhalb meiner eigenen Restlaufzeit als Beamter eine tragende Rolle bei der Lösung spielen könnte, wäre das wunderbar.“
In einer abschließenden Fragerunde meldeten sich noch viele kompetente Besucher zu Wort.