Mittelschwaebische Nachrichten
Wie ein Wald vorbildlich bewirtschaftet wird
Wolfgang Heidemann aus Erisweiler setzt auf nachhaltige Forstpflege. Warum er auf seinem Gutshof noch weitere Hobbys pflegt
Erisweiler Ein Zertifikat mehr besitzt jetzt das ohnedies schon reichhaltige Repertoire an Urkunden und Auszeichnungen, das sich in den letzten Jahren in den Wohnräumen der Familie Heidemann im südlichen Gutshof des Neuburger Ortsteils Erisweiler angesammelt hat. Und doch sind Wolfgang und Ingrid Heidemann stolz auf das neue Dokument, das hart erarbeitet wurde und ihnen zum wiederholten Male bescheinigt, „besonderen Wert auf eine nachhaltige Waldbewirtschaftung“zu legen. Diesmal fungierte als unabhängiger Gutachter Diplom-Forstwirt Horst Gleißner von der bayerischen Holz- und WaldZertifizierungsgesellschaft, der die 32 Hektar Privatwald überprüfte und die Einhaltung des strengen PEFC-Standards bestätigte.
Es ist das Anliegen der ganzen Familie, den doch recht umfangreichen Waldbesitz des Gutshofes, zu dem noch 80 Hektar Ackerland mit Schwerpunkt Getreide-, Zuckerrübenund Maisanbau gehören, nach den neuesten Erkenntnissen zu bewirtschaften und zu pflegen. Für Auditor Gleißner zählen dazu die unterschiedlichsten Kriterien. Die Wichtigsten: Weg von den in unserer Gegend oft noch reinen Fichtenwäldern und hin zu einem gesunden Mischwald; keine Düngung zur Ertragssteigerung und damit auch keine Spritzung; kein Kahlschlag und dafür eine naturnahe Bewirtschaftung durch das Anlegen von Rückegassen. Problemlos ist für die Heidemanns auch der Wildverbiss, denn als Jagdberechtigte sind Vater Wolfgang und Sohn Frieder selbst bestrebt, den Rehbestand auf einer Zahl zu halten, die eine gesunde Naturverjüngung möglich macht. Dazu der Forstsachverständige Gleißner: „Im gesamten bayerischen Raum gibt es beim Thema Wildverbiss oft große Meinungsunterschiede zwischen Waldbesitzer und Jäger.“
Einbezogen in diesen „WaldTÜV“sind inzwischen rund 90 Prozent der bayerischen Staats-, Privat-, Kommunal- und Rechtlerwälder. Sie alle haben sich dem PEFCProgramm angeschlossen und akzeptieren die Bedingungen dieses unabhängigen Zertifizierungssystems zur Sicherstellung einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung. Dazu wurden inzwischen strenge Standards entwickelt, an die sich die zertifizierten Waldbesitzer halten müssen. Deren Einhaltung wird jährlich in Form von Stichproben überprüft. Bei Verstößen drohen Sanktionen - bis hin zur Aberkennung der Zertifizierung.
Neben dem Wald sichern die Heidemanns durch weitere Standbeine den Erhalt des traditionsreichen landwirtschaftlichen Betriebs, den einmal Sohn Frieder übernehmen wird. Da gibt es noch den Anbau von knapp drei Hektar schnell wachsender Hybrid-Pappeln, die als Wurzelausschläge bereits nach fünf Jahren eine Stammstärke von etwa zehn Zentimeter erreichen und damit erntereif sind. Das Holz wird gehäckselt, getrocknet und für die betriebseigene Hackschnitzelheizung verwendet oder an benachbarte Abnehmer verkauft. Neu belegt werden ab Frühjahr auch wieder die 550 Plätze für Schweine, die als Ferkel binnen vier Monaten das gewünschte Schlachtgewicht von 100 Kilogramm erreichen. Relativ jung ist die vor vier Jahren gegründete Tochterfirma „Heidemann Forstliche Dienstleistungen“, die mit Prozessor und Rückefahrzeug einen voll mechanisierten Holzeinschlag im Staatsforst und auch allen Privat-, Kommunal- und Rechtlerwäldern übernimmt. Dazu gehören die naturnahe Waldpflege insgesamt, die Aufarbeitung der vom Borkenkäfer befallenen Fichten und Durchforstungen in Jung- und Altbeständen. Heidemann: „Hier praktizieren wir eine gute Zusammenarbeit mit der Forstbetriebsgemeinschaft Günzburg-Krumbach.“
Wichtig ist für Wolfgang Heidemann noch immer die Teilnahme an den Waldarbeits-Meisterschaften, die in wenigen Tagen in Polen stattfinden. Seit 22 Jahren ist er stets vorne mit dabei und hat es beim praktischen Einsatz mit der Motorsäge bereits zu zwei deutschen und zwei europäischen Meistertiteln in Einzelwettbewerben und im Mannschaftswettbewerb sogar zum Weltmeister gebracht. Was ihn noch mehr freut? „Seit zwei Jahren spielt unser Sohn Frieder bei den Junioren schon kräftig mit. Die Jugend kommt also nach – noch aber bin ich oben“, meint er lachend.